Ausgabe 02/23 -

Kommunikation bestimmt unsere Lebensqualität

Moritz Küffner ist Kommunikationswissenschaftler, Kooperationsforscher und Moderator. Wie man den Austausch mit anderen verbessern kann und dadurch die eigene Lebensqualität erhöht, hat er uns im Interview verraten.

Herr Küffner, Sie sind ein ausgewiesener Kommunikationsexperte und geben Ihr Wissen in Seminaren und Schulungen weiter. Warum sollten wir dazulernen?

Moritz Küffner: Ich bin ein großer Fan der Präsenz. Kommunikation findet immer im „Hier und Jetzt“ statt. Wir müssen wieder lernen, uns selbst und dem Moment zu vertrauen, so wie beispielsweise ein Jazzmusiker seine musikalischen Fähigkeiten mit kreativer Improvisation verbindet. Meiner Erfahrung nach verkaufen sich aber die meisten von uns unter ihren Möglichkeiten, ein paar „Naturtalente“ ausgenommen.

 

Für alle anderen gilt: Wir haben zwar das Sprechen gelernt, nicht aber das Kommunizieren. Kommunikation ist viel mehr als reden. Neben der rein verbalen Kommunikation gibt es die paraverbale (Stimmlage, Aussprache, Lautstärke) und die nonverbale Kommunikation (Mimik, Gestik u.a.), die einen Großteil der Wirkung ausmachen. Da wird schnell klar, dass die meisten von uns mit einem begrenzten Repertoire kommunizieren. In den letzten 50 Jahren hat die Forschung enorm viel herausgefunden – dieses Wissen können wir für unser Berufsleben und unser privates Umfeld nutzen.

Sie haben den Begriff der „Kooperativen Kommunikation“ geprägt. Was verstehen Sie darunter?

Die Kooperative Kommunikation (KoKomm) basiert auf der Grundidee, dass die eigene Lebensqualität immer auch vom Wohl der anderen abhängt. Im gesamten Leben stehen wir mit anderen Menschen in Verbindung. Wir alle sind wechselseitig voneinander abhängig. Kommunikation ist unser Verbindungselement. Somit bestimmt die Qualität dieses Verbindungselements auch die Qualität unseres Lebens.

 

Mit Hilfe von Kommunikation kann man Brücken bauen oder Menschen isoliert verkümmern lassen. Sobald man weiß, worauf es ankommt und bewusster agiert, läuft der Austausch untereinander besser. Man kann die eigene präventive Konfliktkompetenz stärken und schwierige Situationen besser reflektieren. Das haben die meisten von uns weder im Elternhaus noch in der Schule gelernt.


Was setzt eine kooperative Kommunikation mit anderen voraus?

Sie bedingt ein erweitertes Zusammenhangsverständnis und kennt keinerlei Zeigefinger. Für ein gelungenes Miteinander braucht es eine Kommunikation auf Augenhöhe. Diese setzt „Wirkzeuge“ wie Selbstachtung, Offenheit sowie Akzeptanz des Anders-sein-dürfen und Wertschätzung voraus. Anstelle von „entweder-oder“ heißt es bei KoKomm öfter „sowohl-als-auch“. Damit hat immer jeder recht – aus dem jeweiligen Blickwinkel heraus. Das setzt eine gewisse Bereitschaft und Grundbeweglichkeit im Denken voraus, die man trainieren kann.

 

Kommunikation lässt sich also lernen, aber hängt sie nicht vielmehr mit der Persönlichkeit eines Menschen zusammen?

Auch hier gilt das Sowohl-als-auch. Menschen sind unterschiedlich veranlagt und werden unterschiedlich sozialisiert. Im Volksmund heißt es: „Der Poet wir geboren, der Redner gemacht“. Jeder, der wirklich daran interessiert ist, kann sein Bewusstsein schärfen und seine Kommunikationsfähigkeiten verbessern.


Sie sprechen von zwei Ebenen der Kommunikation …

Ja, es gibt die Sach- und die Beziehungsebene, beide sind untrennbar miteinander verbunden. Es ist ein großer Irrtum zu glauben, man könnte immer sachlich bleiben und Emotionen ausschalten. Wenn ich eine 2-Euro-Münze vom Boden aufhebe, kann ich auch nicht nur die Zahlenseite aufsammeln. Das ist ein Ding der Unmöglichkeit. Genauso ist es auch in der Kommunikation: Man kann die Sachebene nicht von der Beziehungsebene trennen. Wenn in der Beziehungsebene eine Störung vorliegt, ist auch die Sachebene nicht störungsfrei. Die Fakten erreichen dann den Gesprächspartner kaum bis gar nicht mehr.

 

Was tun bei destruktiven Verhaltensmustern und Konflikten?

Mit kooperativem Denken und Handeln lassen sich die eigene innere Haltung verändern und jede ungute Situation ins Bessere drehen. KoKomm fokussiert sich auf die Ursachen und nicht auf die Symptome. Leider fokussieren wir uns in Gesprächen oft auf die Probleme und wir beharren auf den unterschiedlichen Standpunkten. Um zu verstehen, was der andere wirklich meint, müssen wir zuerst genau zuhören. Und dann schauen, wie wir vom Problem zur Lösung finden, ohne dass jemand sein Gesicht verliert. Diese Fähigkeit kann man erlernen.

E-Mails, Whatsapp, Sprachnachrichten – die Digitalisierung hat unser Kommunikationsverhalten grundlegend verändert …

Die Digitalisierung in der Kommunikation ist Segen und Fluch zugleich. Sie bringt viele Vorteile, wenn es um die schnelle Übermittlung von Informationen bzw. um die Sachebene geht. Da kann nicht viel reininterpretiert werden. Bei Nachrichten, welche die Beziehungsebene gefährden oder zerstören, sind digitale Kanäle fehl am Platz. Sie bieten viel Raum für Missverständnisse und Kränkungen. Da sollte man zum Telefonhörer greifen oder – noch besser – das persönliche Gespräch suchen. Kommunikation ist vom Wesen her reziprok, ein Geben und Nehmen, im Idealfall ein Fließen.

 

Können Sie uns einige Tipps nennen, um den Austausch mit anderen zu verbessern?

Aktives Zuhören ist in unserer Arbeitswelt eine Fähigkeit, die – leider auch von Führungskräften – häufig unterschätzt und vergessen wird. Und zweitens: Man kann nicht alles kontrollieren. Auch in einem Gespräch nicht. Wer seine Kommunikationsfähigkeiten inklusive Angst- und Risikokompetenz erweitert, bleibt souverän – auch in konfliktären Situationen.

ZUR PERSON

Moritz Küffner studierte Kommunikationswissenschaft an der Ludwig-Maximilians-Universität München, seit 2004 ist er unabhängiger Seminarleiter im Bereich Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Zusätzlich arbeitet er als Moderator und hatte Lehraufträge an fünf deutschen Hochschulen. In seinen Seminaren vermittelt er den ganzheitlichen Ansatz der „Kooperativen Kommunikation“. Dabei geht es darum, Hindernisse im Denken zu erkennen, die Interaktion mit anderen zu verbessern und schwierige Situationen erfolgreich zu meistern.