Gemeinsam Verantwortung übernehmen – gezielt helfen
Armut hat viele Gesichter und Ursachen, auch im wohlhabenden Südtirol. Zur Weihnachtszeit sind viele Menschen bereit zu helfen und zu spenden, wobei ihnen wichtig ist, dass das Geld dort ankommt, wo es benötigt wird. Georg Leimstädtner, Geschäftsführer des Dachverbandes für Soziales und Gesundheit, gibt dazu wichtige Informationen.
Herr Leimstädtner, der Dachverband für Soziales und Gesundheit hat im Oktober eine Tagung zum Thema „Alle gegen Armut“ organisiert. Welches Ziel wird verfolgt?
Georg Leimstädtner: Auf den ersten Blick zeigt Südtirol eine blühende Wirtschaft, Wohlstand und schöne Häuser. Armut wird eher mit anderen Ländern und Regionen in Verbindung gebracht. Doch Hilfsorganisationen und Sozialdienste sehen genauer hin und zeigen: Auch in Südtirol gibt es viele Menschen, die bedürftig sind. Um darauf aufmerksam zu machen und gemeinsam Lösungen zu finden, hat der Dachverband nun zum zweiten Mal eine Fachtagung organisiert, bei der alle Akteure eingeladen sind, Armut bereits in ihren Ursprüngen zu bekämpfen.
Also sollten alle mithelfen, Armut zu vermeiden und zu überwinden?
Ja. Nicht nur Behörden und Organisationen sollten dazu beitragen, Not zu lindern, sondern auch alle Bürger*innen – sowohl im eigenen Land als auch weltweit. Es gibt verschiedene Ursachen der Armut: geringes Einkommen, mangelnde soziale Netzwerke, unzureichende Bildung oder Abhängigkeiten. So komplex wie der Weg in die Armut ist, so umfassend muss das Netzwerk der Hilfsangebote sein, um in Südtirol mehr Solidarität zu fördern. Neben direkter Unterstützung bedürftiger Menschen muss auch in Prävention investiert werden, etwa durch gerechte Löhne, leistbares Wohnen, umfassende Sozial- und Gesundheitsdienste sowie ein Bildungssystem, das allen Kindern gleiche Chancen bietet. Der Dachverband hat bei der Tagung ein Manifest vorgelegt, welches bereits von wichtigen Einrichtungen mitunterzeichnet worden ist, und er hat seine Bereitschaft bekundet, für die Aufbauphase die Koordinierung eines Armutsnetzwerkes zu übernehmen.
Wie wichtig sind Spenden für gemeinnützige Organisationen oder warum sollte jemand spenden?
Südtirol hat immer wieder in vorbildhafter Weise gezeigt, dass es Solidarität in allen Formen lebt. Dazu gehört neben der vielfältigen Freiwilligenarbeit auch die hohe Spendenbereitschaft. Spenden sind nicht nur Mittel zur Finanzierung von Hilfsgütern, Mieten und Fachkräften – sie sind auch Ausdruck der Unterstützung und Befürwortung dieser Arbeit und deshalb besonders wichtig. Gemeinnützige Organisationen können dank Spenden schnell und unbürokratisch helfen, Sozialdienste leisten und Hilfsprojekte umsetzen. Obwohl viele Organisationen öffentliche Förderungen erhalten, müssen sie oft einen Teil der Kosten selbst tragen. Einige Hilfsprojekte werden sogar ausschließlich durch Spenden und Freiwillige ermöglicht.
Der Wunsch Gutes zu tun, geht zwangsläufig mit der Frage einher: Kommt meine Spende auch am richtigen Ort an?
Woran erkenne ich, ob es sich um eine seriöse Organisation handelt? Wer auf der Straße um eine Unterschrift oder Spende für Bedürftige gebeten wird, sollte sehr vorsichtig sein. Vertrauenswürdige Organisationen informieren umfassend über ihre Arbeit und Projekte. Das Internet kann hilfreich sein, noch besser ist es, direkt bei der Organisation nachzufragen. Spenden sollten immer aus eigener Überzeugung und nicht durch Druck erfolgen. Man sollte sich nicht unüberlegt zu irgendetwas überreden lassen. Es empfiehlt sich, Spenden per Überweisung zu tätigen, um Belege und Bestätigungen zu erhalten – diese können dann auch für Steuerbegünstigungen verwendet werden.
Was beinhaltet die Initiative „Sicher spenden?“
Nachdem es bereits in anderen Ländern Spendenzertifizierungen für gemeinnützige Organisationen gab, hatten sich Mitgliedsorganisationen des Dachverbandes dafür stark gemacht, etwas Vergleichbares auch für Südtirol zu entwickeln. Seit fast zwanzig Jahren wird in Zusammenarbeit mit weiteren Dachorganisationen das Zertifikat „Sicher Spenden“ vergeben. Es bestätigt, dass gemeinnützige Organisationen korrekt organisiert und verwaltet werden – geprüft und bestätigt von einer unabhängigen, ehren- amtlichen Garantiekommission.
Was hat es mit dem Gütesiegel „Sicher spenden“ auf sich?
Wer das Siegel „Sicher Spenden“ vorweisen kann, verdient sich das Vertrauen der Spender*innen. Das Siegel bestätigt, dass die Organisationen sorgfältig geprüft wurden, regelmäßig alle wichtigen Informationen zur Verwendung der Spenden liefern, ihre Unterlagen jährlich aktualisieren und alle drei Jahre eine Wiederzertifizierung durchlaufen. Auf www.spenden.bz.it sind alle zertifizierten Organisationen gelistet.
Sind Geld- oder Sachspenden sinnvoller?
Es braucht beides. Wer eine Hilfsorganisation unterstützen möchte, sollte sich darüber informieren, was diese am dringlichsten benötigt. In der Regel ist es einfacher, eine Geldspende zu tätigen, weil bei Gütern logistische Herausforderungen und Folgekosten entstehen, welche nicht alle Organisationen gut schultern können.
Was sollte man beachten, wenn man an der Haustür spendet?
An der Haustür sollte in der Regel nur die praktizierte Nachbarschaftshilfe beginnen – oder die konkrete Unterstützung von Vereinen und Organisa-tionen, die bereits bekannt und vor Ort tätig sind.
Wie schaut es bei Spendenaufrufen in sozialen Netzwerken aus?
Soziale Netzwerke sind neben traditionellen Kommunikationskanälen die Kommunikationsform der Gegenwart. Sie bieten die Möglichkeit, schnell eine breite Unterstützung zu mobilisieren, bergen jedoch auch Risiken. Oberflächlichkeiten und verdrehte Tatsachen können verbreitet werden, was dazu führen kann, dass Spendengelder nicht wie angekündigt eingesetzt werden. Auch die Einschätzung des Bedarfs ist oft schwierig, da nicht jede Initiative automatisch gutgeheißen werden kann. Soziale Netzwerke neigen dazu, nicht in die Tiefe zu gehen. Deshalb ist es immer wichtig, genauere Informationen über die Vertrauenswürdigkeit der Initiativen und Organisationen einzuholen.
10 Goldene Spendenregeln
- 1. Sich gut informieren.
- 2. Nicht unter Druck spenden.
- 3. Auf sachliche Spendenwerbung achten.
- 4. Gezielt spenden.
- 5. Überweisung statt Bargeld.
- 6. Fördermitgliedschaften genau prüfen.
- 7. Vorsicht beiBenefiz-Aktionen.
- 8. Achtung bei betrügerischen E-Mails.
- 9. Vorsicht bei angebotenen Produkten, die angeblich von Menschen mit Behinderung hergestellt werden.
- 10. Das Siegel „Sicher Spenden“ garantiert vertrauenswürdige Organisationen.
Weitere Infos unter www.spenden.bz.it