Ausgabe 05/21 -

Wie sich Sparen auch heute noch lohnt

Sparschwein war gestern. Für zeitgemäßes Sparen und Geld anlegen gibt es auch in Zeiten von Niedrigzinsen attraktive Möglichkeiten.

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Die Corona-Krise hat nicht alle Menschen gleich getroffen. Für viele hatte der Lockdown schwere wirtschaftliche Folgen, zum Beispiel für Beschäftigte in der Gastronomie oder für Kulturschaffende. Jobverlust und Lohnausgleich nahmen zu, finanzielle Reserven wurden angezapft und aufgebraucht.

Andere wiederum konnten auch während der Pandemie normal weiterarbeiten, und da es kaum Möglichkeiten zum Geldausgeben gab, stieg deren Kontostand sogar an. Während das Durchschnittseinkommen der Familien in der Region 2020 um 2,9 Prozent sank, stiegen die Spareinlagen der Südtiroler Familien aber um 6,5 Prozent, vermeldet die Banca d’Italia. Viele Menschen waren auch schon vor Corona sparsam und so hat sich auf vielen Konten eine erhebliche Summe angesammelt. Doch wohin jetzt mit dem Geld, in Zeiten von Niedrigzinsen und steigender Inflation?


Zeitgemäß sparen und anlegen

„Das Nullzinsniveau begleitet uns nun schon eine ganze Weile und wir gehen davon aus, dass die Leitzinsen noch für längere Zeit auf dem aktuellen, niedrigen Niveau bleiben“, meint Alex Weissensteiner, Professor für Finanzmathematik an der Universität Bozen. Diese lockere Geldpolitik spüren vor allem jene Menschen, welche ihr Geld nach wie vor auf Sparbüchern oder in anderen traditionellen Veranlagungsformen geparkt haben. „Das Sparbuch ist eine nette Sparform für Kinder, mehr nicht“, sagt Weissensteiner. Einen Inflationsschutz oder Erträge, die darüber hinausgehen, können Anleger heute nur mehr mit Wertpapieren und Fondsanlagen erwarten.

„Man sollte mit dem Vermögensaufbau frühzeitig beginnen, am besten mit Eintritt ins Berufsleben“, rät Weissensteiner,  „und zwar muss man regelmäßig über einen längeren Zeitraum einzahlen und vor allem sehr breit streuen, nur so ist eine Rendite möglich.“ Bereits mit kleinen Sparbeträgen kann man am Finanzmarktgeschehen teilnehmen und über Jahre ein stattliches Kapital aufbauen.

Auch für die finanzielle Altersvorsorge kann in jungen Jahren mit kleinen Beiträgen viel bewirkt werden, beispielsweise mit steuerbegünstigten Einzahlungen in einen Zusatzrentenfonds. Weissensteiner: „Eine Frau zum Beispiel, die mit 65 in Pension geht, lebt durchschnittlich noch 21 Jahre. Eine von 20 Frauen lebt noch über 30 Jahre. Also braucht sie auch ein Geldvermögen, das für 30 Jahre reicht. Die Zeit, als der Staat das Leben im Alter finanzierte, ist vorbei. Eigenverantwortung ist mehr denn je gefragt.“

Was die Anleihen anbelangt, so seien deren Erträge derzeit eher gering und man muss relativ hohe Risiken für gute Renditen eingehen. Besser fährt man mit Aktien bzw. Aktienfonds, sie bieten gute Renditechancen für langfristig gesetzte Sparziele, meint Weissensteiner. Die beste Anlagestrategie sei ohnehin eine breite Streuung in der Produkt- auswahl. Man sollte nie alles auf eine Karte setzen. Investments in einzelne Aktien, etwa über die beliebten Trading-Apps, empfiehlt Weissensteiner nicht. „Für die meisten ist es besser, sich für einen Fonds zu entscheiden. Der Handel mit Einzelaktien ist für die meisten zu riskant.“

Das Um und Auf bei der Geldanlage ist eine professionelle Beratung. 
Beratungsgespraech zum Thema Sparen

Trend zum nachhaltigen Investieren

Ein Megatrend sind nachhaltige Geldanlagen wie beispielsweise Nachhaltigkeitsfonds, Green Bonds, Versicherungsanlageprodukte oder das Ethical Banking der Raiffeisenkassen. „Investitionen in Anlagen, welche ESG-Kriterien, also Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) berücksichtigen, sind in den vergangenen Jahren zweistellig gestiegen“, weiß Weissensteiner und ergänzt: „Hier zählt nicht (nur) die Rendite, sondern auch Kriterien wie Umweltverträglichkeit und ethisch korrektes Handeln. Man investiert sein Geld in gesellschaftlich sinnvolle und ethische Bereiche und fühlt sich gut dabei.“


Eine interessante Alternative zu den klassischen Sparformen bei der aktuellen Zinssituation sind auch Kapitalschutz-Zertifikate. Das sind von Banken ausgegebene Anleihen, deren Rückzahlung sich nach der Wertentwicklung eines Basiswertes (z.B. Aktienindex) richtet. Zudem sind „Schutzvorrichtungen“ vorgesehen, damit das investierte Kapital komplett oder großteils erhalten bleibt, falls der verbundene Wert stark sinkt. Damit eröffnen sie den Anlegern eine solide Ertragschance bei einem hohen Maß an Sicherheit.

 

Was ist mit Immobilien? In Zeiten der Inflation wird gerne in Betongold investiert. Hierzulande ist das schwierig, sagt Weissensteiner, denn die Immobilienpreise in Südtirol sind im Verhältnis zum Einkommen sehr hoch: „Für die breite Masse gilt, dass man sich eine Immobilie für die eigenen Wohnbedürfnisse kauft, sich eine Zweit-, Drittwohnung als Geldanlage nicht unbedingt leisten kann.“ Immobilien zu kaufen, in der Hoffnung, dass ihr Wert steigt, macht nur dann Sinn, wenn man ein größeres Vermögen zu veranlagen hat und andere Produkte ausgeschöpft hat. Die Transaktionskosten sind sehr hoch, der Verkauf ist teuer und aufwendig. Auch Edelmetalle als Investment machen nur als Beimischung in einem ausgewogenen Portfolio Sinn, für den Kleinsparer eher nicht.

Die Corona-Krise hat auch das Sparverhalten geändert. Das Arbeitsförderungsinstitut AFI hat in seinem Barometer ermittelt, dass die Sparquote der Südtiroler Arbeitnehmer im Laufe des Jahres 2020 von 9 auf 18 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens gestiegen ist. Das Sparmotiv „Notgroschen anlegen“ hat sich sogar verdoppelt. 2-3 Monatsgehälter sollte dieser Notgroschen auf dem Konto für unvorhergesehene Ausgaben betragen.

Grundsätzlich gilt: Nur wer sich um sein Geld kümmert, kann mehr daraus machen. Das Beste, was man tun kann, wenn ein „paar Euro“ ungenutzt am Konto liegen, ist es, sich ausführlich beraten zu lassen. Lukas Augschöll, Kundenberater der Raiffeisenkasse Eisacktal meint: „Ein guter Finanzberater wird ausführlich auf die individuelle Situation des Kunden eingehen, sein Risikoprofil erheben und verschiedene Möglichkeiten der Geldanlage aufzeigen. Die Mischung aus risikoarmen und -reicheren, kurzfristigen und längerfristigen Spar- und Anlageformen sollte immer wieder an die Vorhaben und an die Lebensphase angepasst werden.“ Die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt stelle sich nicht. Es gibt keinen falschen oder ungünstigen Moment, um Geld zu investieren, denn mit jedem Tag, an dem das Geld auf dem Sparbuch oder Konto liegen bleibt, gehen Ertragschancen verloren.

ANLAGEBERATUNG – Sparen zahlt sich immer noch aus

Herr Augschöll, wie hat sich das Sparverhalten in Zeiten von Covid-19, Niedrigzinsen und steigender Inflation bei Ihren Kunden geändert?

Lukas Augschöll: Das klassische Sparbuch ist immer weniger gefragt. Früher haben viele Kunden jeden Monat ein wenig Geld aufs Sparbuch überwiesen, heutzutage fehlt wegen der geringen Zinsen der Anreiz dafür. Aber es gibt gute Alternativen, wie zum Beispiel Investmentfonds, kombiniert mit Sparplänen.

Was ist der Vorteil davon?

Man kann mit kleinen Sparbeträgen, beispielsweise 30 Euro monatlich, einen Sparplan starten. Aufgrund des Zinseszinseffektes kann man über einen längeren Zeithorizont einen stattlichen Betrag ansparen. Damit kann Vermögensaufbau gut gelingen – unabhängig von der Größe der Brieftasche. Auch kann man auf die Risikobereitschaft des Kunden eingehen. Ganz ohne Risiko ist bei der heutigen Zinslage allerdings praktisch keine Rendite mehr zu erwirtschaften.

Macht Sparen denn überhaupt noch Sinn?

Sparen ist noch immer sinnvoll, für Vorhaben, Wünsche oder als Vorsorge für später. Wer gar nichts spart, wird sich schwertun, seine Ziele zu verwirklichen.

Frauen haben einen besonderen Vorsorgebedarf …

Ja, denn Frauen unterbrechen ihr Arbeitsleben oft für die Kinderbetreuung oder die Pflege von Angehörigen, sie zahlen dadurch oft zu wenig in die Rentenkasse ein und die Rentenlücke vergrößert sich. Diese sollte man mit einem Zusatzrentenfonds verringern.

 

Wie steht es um unsere Finanzkultur?

Es gibt immer noch Kunden, die nicht über Geld reden wollen oder Vorbehalte haben. Wir als Berater haben die Aufgabe, die Kunden für Themen wie Geldanlage oder Altersvorsorge zu sensibilisieren. Der Kunde sollte sich die Zeit für ein Beratungsgespräch nehmen, es ist gut investierte Zeit. Wir stehen für eine individuelle Rundumberatung und verkaufen nur das, was der Kunde braucht und versteht.


Lukas Augschöll ist Leiter des Private Banking bei der Raiffeisenkasse Eisacktal und berät seine Kunden vor allem zu den Themen Vermögensaufbau und -anlage.