Ausgabe 01/21 -

Protektionismus und Nationalismus können globale Probleme nicht lösen

Und da soll noch einer sagen, dass Politik nicht den Unterschied macht.

Foto: Helmuth Rier

Es heißt: Der Politiker denkt an die kommenden Wahlen, der Staatsmann an die nächsten zehn Jahre und China an die kommenden Generationen. Während Worte von Politikern oft geduldig sind, zeigt ein Blick auf die wirtschaftlichen Zahlen und Entwicklungen, wohin die Reise wirklich geht. Sehen wir uns Trumps Amerika an. Donald Trump hat in seiner Amtszeit vor allem Steuern auf große Einkommen und Firmengewinne gesenkt. Die Folge: Anfangs flossen viele, in Steuerparadiesen gebunkerte, Kapitalien wieder in die USA zurück und beflügelten die Wirtschaft. Langfristig aber vergrößerte sich das Steuerloch. Heute haben die USA ein Haushaltsdefizit von 18,6 % und sitzen auf einer Staatsverschuldung von 132 %. Trump legte sich mit China an und begann, Zölle auf Einfuhrwaren zu erheben. Als Reaktion schoss China zurück und begann Kapital aus den USA abzuziehen.

Die Refinanzierung der Staatsschulden wurde schwieriger und musste sich zusehends auf die Notenpresse der US-Zentralbank Fed verlassen. Der US-Dollar verlor darüber generell an Wert. Die Devisenreserven Chinas flossen stattdessen vermehrt nach Europa und hoben den Euro in die Höhe. Die Importpreise fielen und begünstigten damit die laufende Deflation in der Eurozone.
Dies zeigt: Politik ist dem eigenen Wahlvolk verpflichtet, aber die Auswirkungen der Politik sind global! Oft wird über verschiedenste Umwege das Gegenteil vom Gewollten erreicht. Nur globale Zusammenarbeit hilft, komplexe Probleme zu lösen. Nationalismen und politisches Taktieren verhindern Lösungen. Der Brexit, Ausdruck des britischen Nationalismus, wird uns dies noch vor Augen führen. Leider sieht man die Folgen von vergangenen politischen Entscheidungen immer erst verspätet.

Dr. Martin von Malfèr,

Abteilung Finanzdienstleistungen, Raiffeisen Landesbank Südtirol AG