Ausgabe 02/23 -

Mitreden, mitgestalten

Was verbindet einen Kaffeeröster, eine Röntgentechnikerin und einen Altmetallhändler? Sie alle sind Mitglieder einer Raiffeisenkasse und damit Teil einer starken Gemeinschaft, die rund 78.000 Mitglieder umfasst.

„Mit Raiffeisen war es Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Giancarlo Tomelini. Die „Beziehung“ begann, als er im Alter von 19 Jahren in seiner Raiffeisenkasse vor Ort um einen Kredit ansuchte. „Die Unterstützung wurde mir sofort zugesagt und ich spürte von Beginn an ein gegenseitiges Vertrauen.“ Giancarlo Tomelini ist Inhaber der Firma Lamafer, ein Familienbetrieb in zweiter Generation, der sich um Handel und Recycling von Schrott, Abfallentsorgung und Abfallmanagement kümmert. „Wir sind groß geworden“, erzählt er, „weil wir einen guten Service bieten und sauber und korrekt arbeiten. Das wurde belohnt.“ Seit 50 Jahren ist er im Recycling-Geschäft tätig – „lange bevor es das Ansehen bekam, das es heute hat“, merkt er lachend an – und seitdem wird er von der Raiffeisenkasse begleitet. „Die Mitgliedschaft war eine natürliche Folge“, sagt er.


Im Fokus jeder Genossenschaft steht die Förderung der Mitglieder.


Erika Hofstätter und Giancarlo Tomelini, Lamafer

Erika Hofstätter und Giancarlo Tomelini, Lamafer

Valentin Hofer, Caroma Kaffee

Valentin Hofer, Caroma Kaffee

Julia Pescoller

Julia Pescoller, Röntgentechnikerin

Mitglieder bestimmen mit

Als Mitglied ist Giancarlo Tomelini Teil einer Solidargemeinschaft von Menschen mit ähnlichen wirtschaftlichen Interessen. Im Gegensatz zu anderen Banken, die als Kapitalgesellschaften organisiert sind, ist eine Raiffeisenkasse eine Genossenschaft, die auf ihren Mitgliedern fußt. Mitglieder haben das Recht auf Information und Mitbestimmung, sie genehmigen all- jährlich die Bilanz ihrer Raiffeisenkasse, wählen Verwaltungsrat und Aufsichtsrat und bestimmen so die Richtung, in die sich die Raiffeisenkasse entwickelt. Dabei gilt das demokratische Prinzip: Jedes Mitglied hat genau eine Stimme, im Unterschied zu den Abstimmungsmodalitäten in Aktiengesellschaften. Und jede Stimme hat Gewicht.

Mitgliedschaft bietet attraktive Mehrwerte

Die Mitgliedschaft bietet aber auch ökonomische Vorteile. So profitieren Mitglieder in der Regel von besseren Konditionen, wie zum Beispiel geringere Bearbeitungsgebühren, sie kommen in den Genuss von exklusiven Mitgliederveranstaltungen und von besonderen Angeboten, wie beispielsweise die Mitgliederkrankenversicherung. Diese Versicherung war auch einer der Gründe, wieso Julia Pescoller Mitglied bei der Raiffeisenkasse Gadertal wurde. „Ich bin viel auf dem Berg und auch sonst viel unterwegs, da ist eine gute Krankenversicherung natürlich Gold wert“, sagt sie. Zur Raiffeisenkasse ist sie, so wie viele, über familiäre Bande gekommen – Vater, Großvater, Bruder, die ganze Familie ist Kunde. „Es ist gut, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die hilft und unterstützt“, sagt Julia Pescoller, die als Röntgentechnikerin in der Strahlentherapie arbeitet.

Wirtschaftliches und solidarisches Handeln

In Südtirol gibt es 39 Raiffeisenkassen, die in fast allen Orten und Tälern vertreten sind. Die Kundeneinlagen aus dem Tätig- keitsgebiet werden wiederum als Kredite in eben diesem Tätigkeitsgebiet vergeben, mindestens 50 Prozent davon müssen laut Gesetz an Mitglieder vergeben werden. Das Geld wird also dort investiert, wo es verdient wird. Gewinne werden nicht ausgeschüttet, sondern zur Stärkung des Eigenkapitals den Rücklagen zugeführt.

 

Ein Teil wird für Spenden und die Unterstützung von sozialen Initiativen beiseite-gelegt; darüber hinaus werden lokale Vereine und Veranstaltungen im Rahmen von Sponsoringverträgen unterstützt. Diesen Gedanken unterstützen landesweit rund 78.000 Mitglieder. Die Mitgliederförderung ist Zweck der Genossenschaft und gesetzlich verankert. Wie die Förderung im Detail aussieht, entscheidet jede einzelne Raiffeisenkasse vor Ort; diese muss zum Tätigkeitsgebiet und den dort lebenden Menschen passen.

 

Mitglieder genießen eine besondere Wertschätzung. Bei der Raiffeisenkasse Prad-Taufers, erzählt Geschäftsführer Werner Platzer, gibt es auch einen Mitgliederbeirat. „Immer wieder laden wir Mitglieder ein, sich mit uns über wichtige Themen, die uns beschäftigen, auszutauschen. Wir stellen unsere Projekte vor, pflegen Kontakte und stehen für Informationen zur Verfügung. Außerdem veranstalten wir Konzerte und Vorträge. Wir wollen zeigen, dass Raiffeisen ein Gesicht hat, jeder kann mit jedem ohne große Barrieren ins Gespräch kommen. Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt.“

Gemeinsam mehr erreichen

Diese Erfahrung hat auch Valentin Hofer gemacht. Der Gründer und Geschäftsführer der Kaffeerösterei Caroma in Völs war schon immer Raiffeisen-Kunde, Mitglied wurde er erst nach seinen Erfahrungen bei der Firmengründung. „Wir wurden in einer sehr schwierigen Anfangsphase – wir haben ja eine eher außergewöhnliche Tätigkeit – immer tatkräftig von der Raiffeisenkasse unterstützt“, erzählt er. „Bei Raiffeisen fühlte ich mich immer in guten Händen“, so Hofer. Als ihm später angeboten wurde, Mitglied zu werden, nahm er das Angebot gerne an. Drei Einzelfälle, die beispielhaft für zehn-tausende stehen.

 

„Mitglied sein bedeutet vor allem, sich mit den Werten einer Genossenschaftsbank zu identifizieren“, sagt Werner Platzer. Im Zentrum des genossenschaftlichen Leitgedankens steht die Bündelung der Kräfte. Die Mitglieder übernehmen Verantwortung, leisten einen Beitrag zu einem größeren Ganzen und können dafür auf die Förderung durch Leistungen ihrer Bank vertrauen. Zusammenarbeit und solidarisches Handeln sind dabei die Basis für den Erfolg – Prinzipien, denen heutzutage auch immer mehr junge Menschen zugetan sind.


 „Genossenschaft – eine Unternehmensform der Zukunft“

Werner Platzer berichtet über die Rechte und Pflichten der Mitglieder, über das Engagement junger Menschen und die Nachhaltigkeit, die immer wichtiger wird. Er ist Geschäftsführer der Raiffeisenkasse Prad-Taufers. Die Mitgliedschaft ist in seiner Raiffeisenkasse ein wichtiges Thema.

Herr Platzer, warum sollten Herr oder Frau Südtiroler Mitglied einer Raiffeisenkasse sein?

Werner Platzer: Eine Raiffeisenkasse ist auf Mitgliederförderung ausgerichtet und bietet den Mitgliedern entsprechende Bank- und Finanzdienstleistungen. Die Konditionen bestimmt jede Raiffeisenkasse selbst; für Mitglieder sind diese oft vorteilhafter. Das Mitglied kann in der Vollversammlung mitentscheiden und dadurch die Entwicklung seines Lebensumfeldes mitgestalten. Wir legen auch viel Wert darauf, Frauen anzusprechen und miteinzubinden. Sie sollen Mitglieder werden und auch in den Gremien der Bank vertreten sein. Da sind wir leider noch nicht ganz da, wo wir hinwollen.

 

Hat ein Mitglied auch Pflichten?

Ja. Ein Mitglied sollte bei seinen Bankgeschäften aktiv und eng mit der Raiffeisenkasse zusammenarbeiten, sollte an der Vollversammlung teilnehmen und nichts tun, was der Raiffeisenkasse schadet.

Werden auch junge Kunden Mitglieder? Ist das im Zeitgeist?

Aus meiner Sicht ist durchaus Interesse da. Junge Menschen denken an ihre Zukunft und sind auch willens, mitzugestalten und sich einzubringen. Sie verstehen, dass beim Thema Nachhaltigkeit die Raiffeisenkasse vor Ort eine wichtige Rolle spielt und spielen wird. Wir setzen viele kleine Schritte, ein Beispiel: Vier Schülerinnen und Schüler einer vierten Klasse des Oberschulzentrums Mals werden demnächst gemeinsam mit uns den ökologischen Fußabdruck der Raiffeisenkasse Prad-Taufers ermitteln.

 

Ist die Genossenschaft die Unternehmensform der Zukunft?

Ja, davon bin ich überzeugt. Weil Genossenschaften per Definition nachhaltig sind, vor allem Raiffeisen-Genossenschaften. Wir denken nicht von heute auf morgen, wir denken generationsübergreifend an die Zukunft. Diese gilt es nach-haltig und lebenswert zu gestalten. Dass dies in einer großen Gemeinschaft besser gelingt als im Alleingang, steht außer Frage.