Gesund sein in Südtirol
Gesundheit ist ein Wert, dem viele Menschen eine besonders wichtige Bedeutung beimessen. Auch wenn die Sicherung der Gesundheit in Südtirol eine öffentliche Aufgabe ist, nehmen die Bedeutung der privaten Vorsorge und die Eigenverantwortung der Bürger zu.
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„Ich brauche keine private Krankenversicherung, ich gehe ja ins Krankenhaus.“ Bis vor wenigen Jahren hätte niemand gegen diesen Satz Einwände erhoben. „Es ist eine klare Tendenz zu vermerken, dass eine private Gesundheitsvorsorge immer mehr nachgefragt wird“, sagt Thomas Gruber vom Raiffeisen Versicherungsdienst (RVD).
Gestiegene Gesundheitskosten
Die heutigen Senioren fühlen sich zwar meist fit und jung und wollen möglichst lange aktiv bleiben, trotzdem nehmen im Alter chronische Beschwerden zu: Knapp 100.000 Menschen über 65 Jahren leben in Südtirol, zwei Drittel von ihnen haben eine chronische Krankheit. Die Gesundheitskosten steigen aber nicht nur wegen des steigenden Bedarfs nach Gesundheits- und Pflegeleistungen infolge höherer Lebenserwartung an, sondern auch wegen immer aufwändigerer, hochtechnisierter und entsprechend teurer Behandlungen. 2.325 Euro betrug 2016 die Pro-Kopf-Ausgabe für das Gesundheitswesen in Südtirol, rund 500 Euro mehr als im italienischen Durchschnitt. Insgesamt kostet die Gesundheitsversorgung der Südtiroler 1,2 Milliarden Euro pro Jahr.
Geänderte Erwartungen
Das gestiegene Bewusstsein für eine private Vorsorge hängt mit dem sich verändernden Gesundheitswesen zusammen. Dieses steht vor vielen Herausforderungen und muss mit knapper werdenden finanziellen Mitteln auskommen. Die öffentliche Hand garantiert eine Basisversorgung, zu der jeder Zugang hat, deren Angebot aber nicht immer das leistet, was sich die Menschen wünschen. Sonderwünsche können oft nicht gewährt werden, und manche Menschen fühlen sich nicht mehr gut aufgehoben. Das Selbstverständnis des Patienten verändert sich, er übernimmt somit sukzessive eine „andere“ Verantwortung für die eigene Gesundheit und schlüpft in eine neue Rolle. Er wandelt sich vom Leistungsempfänger zum Kunden der Gesundheitsversorgung. Damit einher geht eine erhöhte Beteiligung an den Gesundheitskosten.
In guten Händen?
Die Verantwortlichen des Südtiroler Sanitätsbetriebes betonen, dass bei dringenden Leistungen sofort und ohne Rücksicht auf die Kosten behandelt werde, und dass die Leistung in den Krankenhäusern jenen von Privatkliniken um nichts nachstünden. Unstrittig sind aber die langen Wartezeiten in der Notaufnahme und bei Untersuchungsterminen. 48,7 Tage betrug 2017 die durchschnittliche Wartezeit in Südtirol für eine Facharztvisite, bei bestimmten Untersuchungen wartet man monatelang. Bezahlt man, bekommt man oft beim selben Arzt einen Termin, vielleicht noch am gleichen Tag. Rund 80 Prozent der Südtiroler glauben laut einer Umfrage der Tageszeitung „Dolomiten“, es gäbe hierzulande eine Zweiklassenmedizin. Nicht nur deshalb bevorzugen immer mehr Menschen im Krankheitsfall eine Privatklinik, sofern leistbar. Die Anzahl an Privatkliniken und deren Angebote haben in den letzten Jahren entsprechend zugenommen.
Private Gesundheitsvorsorge bei Raiffeisen
Die private Gesundheitsvorsorge ist bei Raiffeisen seit vielen Jahren ein Thema. Man will Lücken in der öffentlichen Gesundheitsvorsorge abdecken und ergänzen und die Leistungen weiter ausbauen. „Wir sehen den Bedarf unserer Mitglieder und Kunden und kümmern uns darum“, sagt Gruber, „ganz im Sinne des genossenschaftlichen Auftrags, den Raiffeisen hat.“ Die Vorsorgeprodukte aus der Unfall- und Krankenversicherung liefern einen sicheren finanziellen Rückhalt für die Versicherten und eröffnen den freien Zugang zur medizinischen Versorgung zu vorteilhaften Prämien. So ermöglicht beispielsweise die Krankenversicherung für Mitglieder der Raiffeisenkassen Zugang zu all jenen gesundheitsdienstlichen Leistungen, die nicht durch die öffentliche Hand gedeckt sind. Die Berater in den Raiffeisenkassen begleiten und informieren ihre Kunden, erheben den Bedarf und bieten passende Lösungsvorschläge an.
Der Raiffeisen-Gesundheitsfonds
Ein Gebiet, auf dem Raiffeisen die öffentliche Gesundheitsvorsorge schon heute bestens ergänzt, ist der Raiffeisen Gesundheitsfonds. Unternehmen, welche sich einschreiben, können ihren Mitarbeitern eine kostengünstige und leistungsstarke Ergänzung ihrer Gesundheitsvorsorge anbieten, in dem medizinische Kosten wie z. B. Kosten für fachärztliche private und öffentliche Untersuchungen, Krankenhaustransporte, Hauskrankenpflege, Zahnarzt u. v. a. m. abgedeckt werden. Die Unternehmen selber profitieren durch eine Entlastung bei Steuer-, Sozial- und Solidaritätsbeiträgen.
LEISTUNSPAKET FAMILIE
Seit dem 1. Jänner 2016 bietet der Fonds einen weiteren Mehrwert, der vor allem für Südtiroler Familien interessant ist: mit einer zusätzlichen Beitragszahlung können alle in den Raiffeisen Gesundheitsfonds eingeschriebenen Mitglieder das Leistungspaket „Familie“ abschließen. Mit diesem werden neben Ausgaben für die eigene Gesundheit auch Sanitätskosten für den Ehepartner und die zu Lasten lebenden Kinder finanziell abgedeckt.
DEMOGRAfISCHER WANDEL – Herausforderung und Chance
Thomas Streifeneder, Experte für Regionalentwicklung an der EURAC, über die Folgen des demografischen Wandels und wie wir das Beste daraus machen. Thomas Streifeneder ist Leiter des Instituts für Regionalentwicklung der Europäischen Akademie in Bozen (EURAC). Er befasst sich u. a. mit den Themen Landwirtschaft, Wirtschaftsgeographie und der sozioökonomischen Entwicklung in Berggebieten.
Herr Streifeneder, was kommt mit dem demografischen Wandel auf uns zu?
Thomas Streifeneder: Es geht nicht nur um ältere Menschen, es geht auch um die digitale, vielgereiste, sehr vernetzte Jugend, eine niedrige Geburtenrate, steigende Zuwanderung, veränderte Familienstrukturen, Klimawandel, Wertewandel, wirtschaftlichen und technologischen Wandel. 2030 wird ein Viertel der Bevölkerung über 65 Jahre alt sein. Diese Senioren werden wohlhabend und genussliebend sein und aktiv bleiben wollen.
Was braucht es in Südtirol?
Thomas Streifeneder: Wir sollten ein gutes, glückliches, gesundes und sicheres Altern ermöglichen, wenn möglich zuhause. Stichwort „ambient assisted living“, also dass Menschen möglichst lange selbständig bleiben und mithilfe innovativer Technologien länger allein zuhause zurechtkommen.
Ist alleine daheim sein denn die Lösung?
Thomas Streifeneder: Mehrgenerationenhäuser, wie es früher normal war, könnten auch eine interessante Alternative sein. Ältere Menschen sollten langsam in Altersteilzeit gehen und nicht mit 65 oder 67 abrupt in Rente geschickt werden. Sie können den Jungen ihre Erfahrung weitergeben, aber von ihnen auch lernen.
Wo müssen wir ansetzen?
Thomas Streifeneder: Wir brauchen mehr Fachkräfte im Pflegebereich. Ein Pfleger sollte sich um möglichst wenige Menschen kümmern müssen. Der Job muss attraktiver und besser bezahlt werden. Es braucht neue Arbeitszeitmodelle. Die Pflegekräfte sind oft an ihrem Limit und erfahren gesellschaftlich wenig Wertschätzung.
Das kostet alles Geld.
Thomas Streifeneder: Der demografische Wandel bietet auch Chancen. Die Berggebiete könnten vom Klimawandel profitieren, weil es schön kühl ist. Eine Heilanstalt für 150 Leute könnte eine enorme Wertschöpfung schaffen, wenn sie hochqualifizierte Arbeitsplätze bietet, dazu regionales Essen und biologische Produkte.