Ein Abschied ohne Wehmut
Ende des Jahres trat Anton Josef Kosta, Geschäftsführer der Raiffeisenkasse Bruneck, in den Ruhestand. Unter seiner Führung entwickelte sich die kleine Lokalbank zu einer der größten Genossenschaftsbanken in Südtirol. Im Interview erklärt er, warum er sein berufliches Lebenswerk auch künftig in guten Händen weiß.
Foto: Harald Wisthaler, Manuel Kottersteger
Anton Josef Kosta:
„Es war mir eine Freude und Ehre, die genossenschaftliche Idee in die moderne Zeit zu transferieren und sie für unsere Mitarbeiter, Mitglieder und Kunden greifbar zu machen.“
Herr Kosta, nach 25 Jahren als Geschäftsführer der Raiffeisenkasse Bruneck und über 40 Jahren in der Raiffeisenwelt sind Sie jetzt im Ruhestand …
Anton Josef Kosta: Selbstverständlich musste auch ich mich erst an den Gedanken „Ruhestand“ gewöhnen. Die Übergabe des „eigenen Unternehmens“ war auch für mich eine neue Erfahrung und mit vielen Emotionen verbunden. Wir haben mit der Übergabe sehr früh begonnen und uns intensiv darauf vorbereitet. Mit dem Wissen, dies erfolgreich gemeistert zu haben, blicke ich mit Dankbarkeit im Herzen und mit einem Lächeln auf mein Berufsleben zurück.
Die Raiffeisenkasse Bruneck ist die größte Raiffeisenkasse im Land und als Vorreiter und Innovationstreiber bekannt. Worauf führen Sie das zurück?
Als Geschäftsführer habe ich mich immer dafür eingesetzt, das Gemeinwohl in den Fokus zu stellen. Mir war es immer wichtig, alle Mitarbeiter am gemeinsamen Fortkommen der Genossenschaftsbank zu beteiligen und sie in ihrer Kreativität und Begeisterung zu unterstützen. Aus diesem Partizipationsmodell sind viele innovative Ideen entstanden und umgesetzt worden, wie beispielsweise unsere wertorientierte Unternehmenskultur, spezielle Beratungsleistungen wie die „Sanierung von Kreditpositionen“, aber auch Ideen zur Förderung der örtlichen Gemeinschaft wie beispielsweise das Ortsentwicklungsprojekt „Lebendiger Ort“. Dass dies über die Jahre so gut gelungen ist, erfüllt mich mit Freude und Stolz.
Im Leitbild der Raiffeisenkasse Bruneck ist das „Mehr.Wert.Leben.-Prinzip“ fest verankert. Was hat es damit auf sich?
Wir sind eine lokale Genossenschaftsbank, die mit der örtlichen Gemeinschaft tief verbunden ist und ihr gesamtes Handeln nach dem Förderauftrag und den genossenschaftlichen Werten ausrichtet. Durch unsere Leistungen wollen wir einen echten Mehrwert für den Einzelnen und für die Region stiften. Unsere Kernwerte, sprich Verantwortung, Vertrauen, Wertschätzung, Ehrlichkeit und Begeisterung, sind keine leeren Lippenbekenntnisse, sondern werden im täglichen Umgang mit unseren Mitgliedern und Kunden gelebt.
Haben Sie ein verinnerlichtes „Erfolgsprinzip“, dem Sie sich in Ihrem Tun verschrieben haben?
Ich bin ein gläubiger Mensch und pilgere gern. Mit den Jahren ist für mich die Selbstreflexion schon fast zur Gewohnheit geworden. Im Zusammenleben mit anderen versuche ich, so gut es geht, nach den Grundregeln der Benediktinermönche zu leben: Demut, Gehorchsam und Hilaritas (Gelassenheit). Also aufmerksam zuzuhören, bodenständig zu bleiben und eine heitere Gelassenheit zu pflegen, wo Humor und Witz und sogar Fehler Platz haben. Diese Haltung hat nicht primär den Erfolg zum Ziel, sondern die Harmonie in einer Gemeinschaft, die den Erfolg erst möglich macht.
Anton Josef Kosta:
„Wer demütig ist und sein Tun mit Freude und Begeisterung in den Dienst der Menschen stellt, kann nicht nur viel schaffen, sondern bekommt auch viel zurück.“
Ihre Amtszeit war von vielen Entwicklungen und Veränderungen im Bankwesen geprägt. Welches sind die derzeit größten Herausforderungen?
Im Bankensektor bahnt sich ein tiefgreifender Wandel an. Die Sachverhalte werden immer schnelllebiger und komplexer. Das niedrige Zinsniveau, die Digitalisierung und die zunehmende Regulatorik bilden die Rahmenbedingungen, die viele Veränderungen und neue Möglichkeiten mit sich bringen. Die Herausforderung liegt darin, sich auf diesen Wandel einzustellen und diesen strategisch, aber auch mit Zuversicht zu gestalten. Zukunftsfragen müssen immer aus der Sicht der Kunden und ihren Bedürfnissen gestellt werden: Was brauchen Menschen heute und in Zukunft von Banken? Wo kann die Bank die steigende Komplexität für Menschen und Unternehmen reduzieren und einen Mehrwert schaffen? Die Raiffeisenkasse Bruneck hat sich mit der genossenschaftlichen Beratung bereits intensiv mit diesen Fragen auseinandergesetzt und entwickelt sich immer mehr zur Beraterbank.
DIE RAIFFEISENKASSE BRUNECK IN ZAHLEN
- 1,4 Mrd. Euro Bilanzsumme
- 24.200 Kunden
- 6.000 Mitglieder
- 145 Mitarbeiter
- 11 Geschäfts- und Servicestellen
- Auszeichnung zur „Bank des Jahres“ (Victor Award, 2014 und 2017)
Was möchten Sie Ihrem Nachfolger mit auf den Weg geben?
Dieses Mitgeben ist ja in der Regel damit verbunden, dass man etwas besser weiß, im Sinne von „Denkt hieran oder denkt daran.“ Das ist bei uns Gott sei Dank nicht der Fall. Wir haben eine eingespielte Top-Mannschaft, die gemeinsam an einem Strang zieht. Georg Oberhollenzer, seit 26 Jahren in der Raiffeisenkasse tätig und seit 2010 in der Geschäftsführung, wird meine Nachfolge gebührend antreten. Gerald Hopfgartner, langjähriger Bereichsleiter des Private Bankings, wird die Position des Vize-Geschäftsführers übernehmen. Beide haben sich über die Jahre zu hervorragenden Führungskräften entwickelt, die ihre neuen Aufgaben mit fachlicher Kompetenz und Begeisterung meistern werden.
Was haben Sie in Ihrem Ruhestand vor? Oder müsste es Un-Ruhestand heißen?
Das lasse ich ganz auf mich zukommen. Ich habe eine Liste von Büchern, die ich endlich „in aller Ruhe“ lesen möchte. Da ich noch einige Ämter als Verwaltungs- und Aufsichtsrat bekleide, habe ich von dieser Ruhe noch nicht viel gespürt.
Ich verstehe mich als Botschafter der genossenschaftlichen Idee. Diesen Dienst an der Gesellschaft möchte ich auch in meinem Ruhestand weiterhin leisten – Möglichkeiten dafür gibt es ja genug. Darauf freue ich mich schon. Mein Abschied ist demnach ein Aufbruch zu neuen Ufern.
v.l.n.r.: Georg Oberhollenzer, Direktor der Raiffeisenkasse Bruneck, und sein Stellvertreter Gerald Hopfgartner
Anton Josef Kosta,
Jahrgang 1957, begann seine berufliche Karriere 1976 als Revisor beim Raiffeisenverband. 1987 wurde er Geschäftsführer der Raiffeisenkasse Eisacktal, 1994 übernahm er die Führung der Raiffeisenkasse Bruneck. In seiner Amtszeit hat sich die Raiffeisenkasse Bruneck von einer kleinen Lokalbank zur größten Genossenschaftsbank des Landes entwickelt. Kosta gilt im deutschen und norditalienischen Sprachraum als innovativer Genossenschaftsbanker und ausgezeichneter Netzwerker.