Ausgabe 04/24 -

Mutig und selbstbewusst zur finanziellen Unabhängigkeit

Im September wird Finanz- und Karrierecoach Susan J. Moldenhauer bei einer Veranstaltung der Volkshochschule Südtirol darüber sprechen, wie man seine Einstellung zum Geld verbessern und berufliche sowie finanzielle Ziele erreichen kann. Dabei werden besonders Frauen ermutigt, ihre finanzielle Unabhängigkeit zu verwirklichen. Im Vorfeld der Veranstaltung hatten wir die Gelegenheit, ein Interview mit ihr zu führen.

Frau Moldenhauer, Sie sind seit vielen Jahren als Finanz- und Karrierecoach tätig. Haben Frauen eine andere Beziehung zu Geld als Männer?

Susan J. Moldenhauer: Meine Beobachtungen und langjährige Erfahrung sowohl als Finanzcoach als auch während meiner Vertriebs- und Beratertätigkeit in der Finanzbranche zeigen einen eindeutigen Trend: Frauen sind in Bezug auf Geld und Finanzen oft deutlich zurückhaltender und passiver und neigen dazu, die Verantwortung dafür weit weg zu schieben.

 

Welche Geld-Fehler beobachten Sie bei Frauen besonders häufig?

Frauen schieben Finanzthemen gern auf die lange Bank und verlassen sich dabei häufig auf ihren Lebenspartner, was zu Abhängigkeit führt. Bei der Geldanlage agieren sie eher zurückhaltend und ängstlich, wodurch ihnen potenzielle Renditen entgehen. Studien zeigen jedoch, dass Frauen beim Investieren oft bessere Ergebnisse erzielen, da sie langfristiger denken und risikobewusster handeln. Im beruflichen Kontext legen Frauen weniger Wert auf ihre Weiterentwicklung, was sich mit Beginn der Familienphase verstärkt, da sie als Mütter meist in Teilzeit weiterarbeiten. Insgesamt geben sie sich mit einem niedrigeren Gehalt zufrieden und treten weniger stark für ihre Interessen ein.

Solche Verhaltensmuster haben oft ihre Wurzeln in alten Glaubenssätzen aus der Kindheit, wie dem Gefühl, nicht gut genug zu sein, oder der Angst vor Ablehnung oder Konfrontation, was sich auch finanziell nachteilig auswirken kann.

 

Was sind die Gründe dafür?

Die Ursachen dafür sind vielschichtig. Zum einen ist Geld immer noch eines der größten Tabuthemen in unserer Gesellschaft. Zum anderen wurde Frauen lange Zeit der eigenständige Umgang mit Geld verwehrt. In Deutschland konnten Frauen beispielsweise erst 1957 ohne Erlaubnis ihres Mannes arbeiten und erst Ende der 50er Jahre ein eigenes Bankkonto eröffnen. Diese historischen Beschränkungen prägen uns bis heute. Bestimmte Verhaltensmuster werden oft noch unbewusst von Generation zu Generation weitergegeben und sozialisiert. Mädchen werden eher dazu erzogen, bescheiden und zurückhaltend zu sein, während Jungen dazu ermutigt werden, selbstbewusst und fordernd aufzutreten.

 

Warum ist es für jede und jeden wichtig, in Finanzfragen fit zu sein?

Ein souveräner Umgang mit Geld macht unabhängig, gerade bei beruflichen und privaten Entscheidungen. Finanzkompetenz fördert das Verständnis für den Wert der eigenen Leistung und stärkt die Fähigkeit, für die eigenen Interessen einzutreten.


Wie kann man die eigene Haltung zu Geld und Finanzen positiv verändern?

Es kann sehr hilfreich sein, sich mit der eigenen Geldgeschichte auseinanderzusetzen. Welche prägende Ersterfahrung hatten wir mit Geld? Wie wurde in unserer Familie mit Geld umgegangen? Solche Überlegungen ermöglichen Rückschlüsse auf unseren Umgang mit Geld und unsere Glaubenssätze. Geld hat im Grunde nur drei Eigenschaften: Tauschmittel, Recheneinheit und Wertaufbewahrungsmittel. Was Geld für uns besonders macht, sind die Emotionen, die wir damit verbinden: Ängste wie Verlustangst und Scham, aber auch Sehnsüchte, Träume und ein Gefühl von Freiheit. Wenn wir uns dieser emotionalen Verbindungen bewusst werden, können wir unsere Glaubenssätze auflösen und eine positive Haltung zu Geld entwickeln.

Was sind die ersten Schritte in Richtung Geldanlage?

Für alle Frauen gilt: Es ist nie zu spät, mit dem Investieren zu beginnen. Ein erster Schritt dazu ist das „finanzielle Aufräumen“, eine Bestandsaufnahme der eigenen finanziellen Situation. Dazu gehören die Überprüfung von Einnahmen und Ausgaben, die Erstellung eines Budgetplans sowie bewusster Konsum und die Vermeidung unnötiger Ausgaben. Als nächstes ist es wichtig, bestehende Geldanlagen und Versicherungen zu überprüfen und sich zu fragen, ob sie wirklich notwendig sind und ob sie den persönlichen Zielen entsprechen. Anschließend kann mit Hilfe von Finanzberatung eine individuelle Anlagestrategie entwickelt werden, die zu den persönlichen Zielen, dem Anlagehorizont und dem individuellen Risikoprofil passt.


Wie können Paare das Geldthema angehen?

Wenn Paare zu mir ins Finanzcoaching kommen, ermuntere ich sie stets, offen über Geld zu reden. Sie können entweder alle finanziellen Angelegenheiten gemeinsam regeln oder sich jeweils allein um den eigenen Vermögensaufbau kümmern. Gemeinsame Ausgaben werden von einem gemeinsamen Konto bestritten, auf das beide regelmäßig einzahlen. Je nach Einkommen und Lebensphase sollten Paare als Team entscheiden, wie Haus- und Erziehungsarbeit aufgeteilt werden. Wichtig ist für den Partner, der möglicherweise länger zuhause bleibt (meist sind es die Mütter), Geld für Vermögensaufbau oder Altersvorsorge anzulegen.

Welche Verantwortung haben Schulen bei der „Gelderziehung“?

Da viele Familien nicht über ausreichendes Finanzwissen verfügen oder offen über Geld reden, halte ich es für äußerst wichtig, Finanzbildung als Pflichtfach an Schulen einzuführen. Dabei sollten nicht nur Basiswissen zu Geld, Kapitalmärkten und Wirtschaft vermittelt werden, sondern auch unternehmerisches Denken, eigenverantwortliches Handeln, der Umgang mit Krisen und Veränderungen sowie die Stärkung von Resilienz. Hier besteht noch erheblicher Verbesserungsbedarf.

Sie sind bei der VHS-Veranstaltung „Financial Empowerment für Frauen“ (siehe Infos links) als Referentin zu Gast. Welches ist die wichtigste Botschaft, die Sie vermitteln möchten?

Veränderung beginnt immer mit dem ersten Schritt und der richtige Zeitpunkt, sich um die eigenen (beruflichen) Ziele und Finanzen zu kümmern, ist jetzt.


„Financial Empowerment für Frauen“

Freitag, 27.09.2024, 18 Uhr, im Raiffeisen Pavillon Bozen

Die eigene Haltung zu Geld verbessern und mit Mut und Selbstwert finanzielle und berufliche Ziele erreichen. Vortrag am Freitag, 27.09.2024, 18 Uhr, im Raiffeisen Pavillon Bozen, Raiffeisenstraße 2, Anmeldung erforderlich unter info@vhs.it oder Tel. 0471 061 444. Am 28.09.2024 findet zum selben Thema ein vertiefender Workshop an der VHS im Waltherhaus Bozen statt. Die Veranstaltungen werden von der Volkshochschule Südtirol (VHS) in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis „Frauen in der Führung von Genossenschaften“ im Raiffeisenverband organisiert.

 

PERSÖNLICHES

Susan J. Moldenhauer ist Finanzwirtin, Autorin und Karrierecoach mit über 23 Jahren Erfahrung in der Finanzbranche. Ihre umfassende Expertise in Beratung, Vertrieb, Recruiting, Training und Mitarbeiterführung bildet die Grundlage ihrer Coaching-Kompetenz. Bekannt ist sie auch durch ihr Buch „Kenne Deinen Wert!“ sowie ihre Beiträge auf Spiegel Online, wo sie wertvolle Ratschläge zu Karrierethemen und Gehaltsverhandlungen gibt.