Ausgabe 03/21 -

Südtiroler Bauernjugend – Mitdenken, mitreden, mittun

Seit dem 10. März hat die Südtiroler Bauernjugend (SBJ) einen neuen Obmann: Raffael Peer, begeisterter Obst- und Weinbauer aus Kurtatsch. Warum für ihn Nachhaltigkeit und Regionalität wichtige Themen sind, verrät er uns im Interview.

Herr Peer, was hat Sie dazu motiviert, das Amt des SBJ-Obmanns anzunehmen?

Raffael Peer: Ich war immer schon ein „Vereinsmensch“, die Bauernjugend und die Landwirtschaft waren mir immer schon sehr wichtig. Nachdem ich 2018 zum Ortsobmann der Ortsgruppe Kurtatsch und ein Jahr später zum Bezirksobmann des Unterlandes gewählt wurde, hatte ich bereits einen guten Einblick in den Verein. Als ich später von einigen Funktionären auf eine mögliche Kandidatur angesprochen wurde, habe ich mich entschieden, mich der neuen Herausforderung zu stellen.


Welche Schwerpunkte möchten Sie setzen?

Meine großen Anliegen sind die Weiterentwicklung der Landwirtschaft und die Weitergabe von Tradition und Brauchtum. Dabei gilt es, die Herausforderungen der Zeit anzugehen und uns auch zu verändern, wenn es notwendig ist. Die Südtiroler Landwirtschaft ist viel mehr als nur Obst- und Weinbau sowie Grünlandwirtschaft. Diese drei Erwerbszweige werden auch in Zukunft noch unsere Eckpfeiler bleiben. Wir müssen aber sicherlich unseren Horizont erweitern. Sonderkulturen und innovative Ideen können unsere Landwirtschaft zukunftsfähig machen und das Einkommen von Familien und Einzelpersonen sichern. Wir als SBJ wollen bei wichtigen Themen unsere Ideen und Sichtweisen einbringen und die Zukunft mitgestalten.

Was bedeutet für Sie „nachhaltige Landwirtschaft“?

Nachhaltige Landwirtschaft bedeutet für mich, mit den vielfältig gegebenen Ressourcen unseres Landes so umweltfreundlich wie möglich umzugehen und auch innovative Gedanken zuzulassen und neue Wege zu gehen. Neben dem ökologischen Aspekt ist dabei auch der ökonomische sehr wichtig. Nachhaltigkeit soll das Einkommen der Landwirte sichern.

Wobei wir beim Thema Regionalität sind …

Regionalität ist uns wichtig, weil wir die Bevölkerung unmittelbar ansprechen und einen direkten Kontakt herstellen wollen. Der Verkauf unserer großartigen Produkte im näheren Umfeld verkürzt Transportwege, reduziert das Verpackungsmaterial und verringert somit auch den ökologischen Fußabdruck. Der Konsument sollte das nachhaltige Arbeiten aber auch honorieren.

Welches sind Ihrer Meinung nach die zukünftigen Schlüsselfaktoren in der Landwirtschaft?

Aus meiner Sicht gibt es mehrere Schlüsselfaktoren, die zwei wichtigsten sind die Technik und der Klimawandel. Der Einsatz von moderner Technik hilft kostengünstig und effizient zu produzieren und erleichtert die Arbeitsbedingungen. Technik wird aber auch in Zukunft den Menschen nicht ersetzen können. Den Klimawandel sehe ich als Herausforderung, aber auch als Chance. Die extremen Wetterkapriolen werden uns sicherlich stark fordern. Deshalb ist es wichtig, bei anfallenden Investitionen und Entscheidungen bereits heute an morgen zu denken. Andererseits wird es vielleicht künftig möglich sein, landwirtschaftliche Erzeugnisse zu produzieren, deren Anbau heute noch nicht möglich ist.

SÜDTIROLER BAUERNJUGEND

Die Südtiroler Bauernjugend (SBJ) ist mit 150 Ortsgruppen und über 9.000 Mitgliedern die größte Jugendorganisation Südtirols. Sie setzt sich aktiv für die Pflege und den Erhalt von Landwirtschaft, Kultur und Brauchtum ein. Mit gezielten Maßnahmen fördert die SBJ die Aus- und Weiterbildung ihrer Mitglieder.

 


Was braucht es, damit der Beruf des Landwirtes Zukunft hat?

Junge Landwirtinnen und Landwirte müssen für ihren Beruf fachlich qualifiziert sein und darauf vorbereitet werden. Außerdem braucht es viel Unternehmergeist und die Bereitschaft, neue Produktions- und Organisationsformen zu entwickeln. Zudem müssen sie offen für alternative Finanzierungsformen, wie zum Beispiel Crowdfunding, sein.


Viele kleinere Landwirte stehen im Wettbewerb mit immer günstigeren Produzenten. Wie kann man dem entgegensteuern?

Da stellt sich schon die Frage: Ist die Billigproduktion wirklich das Ziel unserer Konsumgesellschaft oder legt diese doch Wert auf qualitativ hochwertige Produkte? Ein klein-strukturierter Betrieb hat im Verhältnis immer höhere Betriebskosten zu tragen als ein großer Betrieb. Um wirtschaftlich interessant zu bleiben, wird daher ein Kleinbetrieb wohl eher mit qualitativ hochwertigen Erzeugnissen aus nachhaltiger Produktion punkten. Auch Nischenprodukte oder die Direktvermarktung am Hof könnten sich anbieten.

Welche Rolle spielen dabei die Genossenschaften?

Die Genossenschaft erleichtert dem Landwirt die Arbeit. Durch den Zusammenschluss zu einer größeren Vermarktungs-, Verkaufs- und Produzentengenossenschaft kann sich der Landwirt ganz auf die Produktion und den Anbau konzentrieren. Durch die größere Struktur kann man den Markt besser und vor allem auch vielfältiger bedienen. Für den großen Anteil der Landwirte ist die Genossenschaft der ideale Verbund, um zukunftsfähig zu bleiben. Ich bin überzeugt, ohne das Genossenschaftswesen hätten wir heute in Südtirol eine ganz andere landwirtschaftliche Betriebsstruktur.

Wie lassen sich Tradition und Brauchtum mit der Moderne verbinden?

Ich finde, dass Tradition und Brauchtum von ideellen Werten einer Gruppe zeugen und Ausdruck der Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft sind. Tradition und Brauchtum hemmen uns nicht, den technischen Fortschritt in unseren Betrieben anzuwenden und neue Wege zu gehen. Sie sind Zeugen unserer Wurzeln und sollten entsprechend gepflegt werden.

Was wünschen Sie sich persönlich für die Zukunft?

Wir können uns alle miteinander glücklich schätzen, in einer so großartigen Umgebung zu leben. Deshalb ist es unsere Aufgabe, die Südtiroler Kulturlandschaft zu schützen, zu pflegen und für die nächsten Generationen zu erhalten. Es wäre schön, wenn der Landwirtschaft vonseiten der Gesellschaft etwas mehr Verständnis entgegengebracht würde.

ZUR PERSON

Raffael Peer, Jahrgang 1998, stammt aus Kurtatsch. Schon früh wusste er, dass er im elterlichen Obst- und Weinbaubetrieb tätig sein möchte. Er besuchte die landwirtschaftliche Oberschule in Auer und ist seit mehreren Jahren als Weinbauberater beim Beratungsring tätig. Seit 2018 leitet er als Ortsobmann die Geschicke der SBJ-Ortsgruppe Kurtatsch. Die letzten zwei Jahre stand er dem Bezirk Unterland als Bezirksobmann vor. Im März wurde Peer zum Obmann der Südtiroler Bauernjugend gewählt.