Ausgabe 04/17 -

Raiffeisen-Förderauftrag – Es lebe der Sport!

Südtirol ist ein sportbegeistertes Land. Südtiroler schauen gern Sport im TV und sind auch selbst sehr aktiv. Sport ist aber mehr als nur Freizeitbeschäftigung und Unterhaltung – er übt eine große Faszination aus und hat viele Facetten.

„Es lebe der Sport“, sang Rainhard Fendrich 1982, „er ist gesund und macht uns hårt.“ Damit traf Fendrich einen Nerv, und das Lied ist auch 35 Jahre später noch aktuell. Sport fasziniert. Die Hundertstelsekunden, die einen Sprint entscheiden oder die großen Tore eines Fußball-Endspiels: Große Sportereignisse locken Millionen vor die Fernsehgeräte und setzen Milliarden Euro um. Aber Sport funktioniert und fasziniert auch im Kleinen. Die Freude über einen noch ­unberührten schneebedeckten Hang, die Entspannung nach dem Laufen, die Kabinenparty nach dem ­ge­wonnenen Spiel.


Sportliche Südtiroler

Rund 150.000 Südtirolerinnen und Südtiroler sind in den knapp 1.000 Sportvereinen ­Südtirols aktiv. 60 Prozent der Südtiroler geben an, regel­mäßig oder gelegentlich Sport zu betreiben. Menschen, die für sich selbst sporteln, nicht für Ruhm und Geld.
Größter Sport-Interessenverband in Südtirol ist der Verband der Sportvereine Südtirols (VSS). Er vertritt 86.000 Mitglieder in über 500 Vereinen. „Wir wollen, dass sich jeder sportlich betätigen kann, denn Sport ist wert(e)voll“, sagt ­VSS-Geschäftsführer Klaus von Dellemann, „­speziell Kinder und Jugendliche lernen dabei ganz spielerisch Dinge, die sie für ihr Leben brauchen.

Denn Werte wie gegenseitige Unterstützung, Respekt und Fairness, die im Sportverein gelernt und gelebt werden, sind die Grundlage für den Sport und für das gesamte gesellschaftliche Zusammenleben.“
Heute bietet der VSS neben dem Zugpferd Fußball weitere 16 Sportprogramme an, von Wintersport und Leichtathletik bis zu Ranggln und Kegeln. Allein an den Fußballmeisterschaften nehmen 478 Jugendmannschaften in ganz Südtirol teil, weitere 110 Mannschaften spielen in den Freizeit- und Seniorenmeisterschaften. Im Blick hat der VSS dabei die Breite, nicht die Spitze, im Gegensatz zu den eher leistungsorientierten Fachsportverbänden. „Sport soll man aus Freude machen“, sagt von Dellemann. „Wir freuen uns über Talente aus unserer Jugend, aber das allein ist nicht das Ziel.“

Gesellschaftlicher Förderauftrag

Die Südtiroler Raiffeisenkassen sind Generalsponsor des VSS, jährlich fließt eine hohe Summe an den Verband. Dazu kommen die Beiträge, welche von den 43 Raiffeisenkassen direkt an die einzelnen Sportvereine vor Ort gehen. Mit dem Großteil davon werden Meisterschaften, Veranstaltungen und verschiedene Projekte organisiert. Sportvereine leisten wertvolle und ehrenamtliche Arbeit für die Gesellschaft über den Sportbetrieb hinaus – durch die Sportförderung wird auch dieses Engagement honoriert und mitgetragen. Fast 60 Prozent des gesamten Sponsoring-Budgets der Raiffeisen-Geldorganisation fließt in den Bereich Sport, davon wiederum knapp ein Drittel in die ­Jugendförderung, der Rest verteilt sich auf sportliche Veranstaltungen. „Die Partnerschaft mit Raiffeisen ist gut gewählt und hat sich über die Jahre bewährt“, sagt von Dellemann. Außerdem schließt der VSS seit Jahrzehnten eine Haftpflichtversicherung für die Mitgliedsvereine ab, seit über zehn Jahren mit dem Raiffeisen Versicherungsdienst.

„Sport ist wert(e)voll“ lautet das Jahresmotto des VSS. Damit wird dem hohen Stellenwert des Sports in unserer Gesellschaft Rechnung getragen. Mit verschiedenen Initiativen wird ein Hilfsprojekt in einem afrikanischen Dorf unterstützt.
Sport ist wert(e)voll – VSS

Die Kehrseiten

Bei all den Sportbegeisterten gibt es auch die Kehr­­seiten, welche die Experten mit Sorge sehen. Denn wenn 60 Prozent der Südtiroler Sport betrei­ben, tun 40 Prozent, also rund 200.000 Menschen, das nicht. Dabei gilt Sport seit vielen Jahren als wichtiger Gesundheitsfaktor. Wer sich regel­mäßig – auch nur mäßig – bewegt, ist fit, lebt ­gesünder und verlängert seine Lebenszeit um mehrere Jahre, wie zahlreiche Studien belegen.
„Es gibt ein großes Sportangebot, aber ­gleichzeitig viele Kinder, die sich zu wenig bewegen“, sagt Sportpsychologin Monika Niederstätter. Immer mehr Kinder sind übergewichtig, weil sie sich falsch ernähren

oder falsch ernährt werden und Fußball lieber am Handy spielen als auf dem Platz. „Bei den Sportvereinen geht es häufig nicht ums Spielen, sondern um die Leistung“, sagt Niederstätter. „Der Sport sollte aber Ausgleich zur Schule sein, die schon per se leistungsorientiert ist.“ Unsportliche Kinder würden bei den Vereinen oft auf der Strecke bleiben, dabei hätten die es eigentlich am nötigsten. Das andere Extrem sind Kinder, die vor lauter Sport, Schule und Freizeitkursen keine ruhige Kindheit mehr haben. „Es ist wichtig, Ruhepausen einzulegen“, sagt Niederstätter. Früher waren die ­Sommerferien Freizeit, heute sind sie oft von Anfang bis Ende durchgeplant.

Fitnesswahn

Ein Phänomen unserer Zeit ist der „Fitnesswahn“. Wer aufmerksam durch die Welt läuft, der dürfte sich längst an den Fitness- und Körperkult aller Couleurs – vor allem in den sozialen ­Medien – ­gewöhnt haben. Fitness anno 2017 kommt daher wie eine große Geschichte der Selbstoptimierung. „Verbessere dich jeden Tag! „Lass den Durchschnitt hinter dir!“ Das fängt den Zeitgeist ganz gut ein. In unserer Ich-Gesellschaft des 21. Jahrhunderts geht es bevorzugt darum, besser zu sein als das Ich von gestern, dabei möglichst aber ebenso besser zu sein als die Ichs der anderen. Ein Optimum aus sich herauszuholen, um nicht abgehängt und so zum Verlierer zu werden. „Dieser Fitnesswahn ist nicht in unserem Sinne, wir unterstützen das nicht“, betont Klaus von Dellemann. „Jeder Extremsport muss von Trainern und Ärzten kontrolliert und begleitet werden.“ Vielleicht irgendwann – spätestens, wenn es nichts mehr zu optimieren gibt und alle völlig überfittet sind – verabredet man sich wieder zum morgendlichen Joggen. Einfach so. Weil es Spaß macht. Und man nett miteinander ratschen kann.

Interview mit Monika Niederstätter
SPORTPSYCHOLOGIE – „Es soll um Spaß gehen, nicht um Leistung“

Die ehemalige Weltklasse-Hürdenläuferin lobt Sport als wichtige Erfahrung für Kinder, warnt aber davor, das Rad zu überdrehen. Die Eltern sollen mit gutem Beispiel vorangehen.

Frau Niederstätter, wie stehen die Südtiroler zu sportlicher Betätigung?
Monika Niederstätter: Sport hat einen hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft. Den Menschen ist es wichtig, sich zu bewegen. Zumindest wissen sie, dass es wichtig wäre. (lacht)

 

Wie kann man Kinder zum Sport motivieren?
Monika Niederstätter: Die Eltern müssen Vorbild sein. Sie sollten auch sporteln, nicht nur die Kinder zum Training fahren.

 

Gibt es auch negative Aspekte?
Monika Niederstätter: Viele Breitensportler sind zu leistungsorientiert. Unsere Gesellschaft verlangt überall Höchstleistung, das erzeugt aber kaum Wohlbefinden. Es geht bei diesem Fitnesswahn viel ums Aussehen, den Körper als Statussymbol. Ich sehe auch Hilfsmittel wie Pulsmesser, Schrittzähler und Kalorienzähler skeptisch. Man sollte auf den Körper achten, der sagt, was er braucht.

Kann Sport einen Beitrag zur Kindererziehung leisten?
Monika Niederstätter: Ja. Es gibt heute viele Einzelkinder, in Sport­vereinen kann man lernen, als Mannschaft zu arbeiten. Sich an Regeln halten, fairer Sieger und Verlierer sein. Sport kann Grenzen aufzeigen und helfen, die eigenen Fähigkeiten realistisch einzuschätzen.

 

Wann ist es zu viel?
Monika Niederstätter: Ich hatte selbst eine verplante Kindheit, durfte viele Sportarten ausprobieren und war auch auf der Musikschule. Ich wollte das. Aber nicht alle Kinder wollen und schaffen das. Die Eltern müssen sich fragen: Geht es von meinem Kind aus oder von mir?

 

Ein Tipp für junge Sportler?
Monika Niederstätter: Nicht zu früh spezialisieren, sondern verschiedene Sportarten kennenlernen. Und nicht gleich aufgeben, wenn es mal nicht so läuft, sondern dabeibleiben.

Monika Niederstätter nahm als Hürdenläuferin an zwei Olympischen Spielen teil, sie ist neunfache Italienmeisterin und hielt den Italienrekord im 400-Meter-Hürdenlauf. Noch während ihrer Sportlerkarriere studierte sie Psychologie, heute arbeitet sie als Sportpsychologin, Mental- und Entspannungstrainerin. Sie ist Mutter dreier Töchter.