Wirtschaft ist auch Psychologie
Was war zuerst da? Die Henne oder das Ei?
Foto: Helmuth Rier
Diese Frage stellt sich nun in ähnlicher Weise auch hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage. In Europa, wo der Lockdown langsam zu Ende geht, sind die Schwarzseher im Aufwind. Viel blicken sorgenvoll in die Zukunft, sie befürchten, morgen nicht mehr über die Runden zu kommen. Verständlicherweise ist eine solch prekäre Lage nicht angetan, Optimismus zu verbreiten. Doch wirtschaftliche Entwicklungen sind in erster Linie psychologisch bedingt. Optimismus treibt Investitionen an, lässt Menschen ihre Brieftaschen öffnen, schafft Arbeitsplätze, stößt einen positiven Zyklus an und führt zu noch mehr Optimismus, der auch die Inflations- zahlen nach oben drückt. Eine pessimistische Grundhaltung in der Bevölkerung führt hingegen zu Ausgabenkürzungen, Entlassungen, Deflation und noch mehr Depression.
Wenn all jene, welche die Krise finanziell durchstehen können, ihre Ausgaben zurückhalten, werden andere, die nicht über so viel Glück verfügen, erst recht in den finanziellen Ruin getrieben. Das Schlimme dabei: Rezession befördert Rezession. Dass die Realwirtschaft aber die Finanz- märkte wenig beeindruckt, zeigt eindeutig die Phase seit März 2020. Hängt dies damit zusammen, dass seit dem Abkommen von Bretton Woods die Geldmenge durch die Zentral- und Investmentbanken beliebig geschaffen werden kann? Und dass das Interesse am Aufblähen derselben – ungeachtet der Realwirtschaft – anhält? Oder ist dies ein Zeichen für die Zweiteilung unserer Gesellschaft in “Haves” und “Haves not”, wobei erstere ihr (Finanz-) Vermögen immer mehr vermehren wollen, ganz gleich was passiert? Für Anleger bedeutet beides ruhige Nächte.