Ausgabe 02/16 -

Der Verein sind wir

Vereine vereinen, bereiten den Vereinsverantwortlichen aber auch schlaflose Nächte. Bin ich mit den Papieren in Ordnung? Reicht das Geld? Und was, wenn sich jemand wehtut? Ein Vereinsobmann braucht heutzutage starke Nerven, bekommt aber auch Unterstützung.

Südtirol ist im besten Sinne ein Land der Vereinsmeier. Rund 5.000 Vereine gibt es in Südtirol, das ist einer pro einhundert Einwohner. Ein Verein bringt Freude und Geselligkeit und ist oft ein Dienst am Nächsten. Doch wird es den Vereinen immer schwerer gemacht: Bürokratie und Auflagen verderben schon mal den Spaß. Und über allem hängt das Damoklesschwert der Haftung bei Unfällen.

Dabei wird das Vereinsleben in Südtirol reicher und bunter. Dominierten einst Musikkapellen, Schützen und Feuerwehren, gibt es heute Vereine, die sich um alles Mögliche kümmern und deren Mitgliederbasis immer facetten­reicher wird. Neu sind auch die Bürgerinitiativen und Bürgerlisten, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten entstanden. Es gibt Vereine wie den Naturtreff Eisvogel. Der Verein rund um Präsident Klaus Graber zählt

heute über 480 Mitglieder und ging vor rund 15 Jahren aus einer Gruppe ­Naturinteressierter und Fotografen hervor (siehe Interview). Die Gruppe wuchs, neue Aktivitäten kamen dazu, und schon bald standen neben Naturbeobachtung Themen wie Mitgliederverwaltung und Versicherungsschutz ganz oben auf der Tagesordnung. „Will man den Verein richtig führen, ist der Zeitaufwand enorm“, sagt Graber.


Vereine vor großen Herausforderungen

Der Begriff „Verein“ kommt vom Wort „­vereinen“ und ist quasi selbsterklärend: Ein Verein bringt Menschen zusammen. Gemeinsam Gutes tun, gemeinsam feiern, gemeinsam dem Alltag ein wenig entrinnen. In einer Zeit der Individualisierung und in einer unübersichtlich gewordenen Welt bieten Vereine Geborgenheit, Sinn­stiftung und Identität. Unterschiedlichste Menschen finden zusammen, einem gemeinsamen Ziel zuliebe. Jochen Schenk, ausgebildeter Vereinsmanager und selbst Präsident des ASC Olang und Vizepräsident der Südtiroler Sporthilfe, ist bei der Raiffeisenkasse Bruneck erster Ansprechpartner für die Vereine. 800 davon gibt es im Großraum Bruneck, über 600 sind Kunden der

Raiffeisenkasse. „Gesetzliche Vorgaben, Kontrollen und Datenschutz werden immer mehr zum Thema. Das macht für Vereine bald keinen Spaß mehr, die Politik ist gefordert“, sagt Schenk. Dabei ist das Vereinsland Südtirol gut aufgestellt: Die Vereine arbeiten immer ­professioneller und bearbeiten immer mehr Themen. Doch die Voraussetzungen ändern sich, öffentliche Gelder fließen nicht mehr wie einst. Was nicht schlecht sein muss, findet Schenk: „Die üppigen öffentlichen Beiträge über Jahrzehnte haben die Fantasie zerstört. Nun müssen sich die Vereine Gedanken machen, wohin man in Zukunft will, müssen festgefahrene Strukturen überdenken und sich aufs Wesentliche reduzieren.“ Denn auch Sponsoren­gelder sind in Südtirol rar, für große Firmen ist der Markt Südtirol zu klein.

Verein Naturtreff Eisvogel:
die Vielfalt unserer Kulturlandschaft entdecken
Raiffeisen-Naturtreff Eisvogel

Südtirol zählt 5.000 Vereine

Das Landesstatistikinstitut ASTAT zählte im Jahr 2011 (neuere Zahlen gibt es nicht) 4.927 aktive Non-Profit-Organisationen in Südtirol, 60 % davon aus den Bereichen Kultur, Sport und Freizeit, gefolgt von Sozialwesen und Zivilschutz (11 %) und Umweltvereinen (7 %). Zwei Drittel der Vereine sind in das Landesverzeichnis der ehrenamtlich tätigen Organisationen einge­tragen. Die Non-Profit-Organisationen stellen in Südtirol 10 % der tätigen Wirtschaftseinheiten, 4,5 % der entlohnten Arbeiter in Südtirol sind bei einer Non-Profit-Organisation beschäftigt. Mit 3.008 Ehrenamtlichen je 10.000 Einwohnern nimmt Südtirol den Spitzenplatz unter den Regionen Italiens ein. Wegen des Geldmangels im Sozial­bereich übernehmen immer mehr Vereine Auf­gaben der öffentlichen Hand: im Gesundheits- und Sozial­wesen gibt es 33 Non-Profit-Organisationen je 100 Unternehmen.

Die Versicherung

Ein heikles Thema sind die Versicherungen. Norbert Spornberger, Abteilungsleiter der Versicherungstechnik im Raiffeisen Versicherungsdienst, sagt, für Vereine gelte nichts anderes als für jeden anderen Menschen auch: „Wenn ich jemandem Schaden zufüge, muss ich dafür geradestehen.“ Das bedeutet zivil- und strafrechtliche Haftung, wenn ein Vereinsmitglied einen Fehler macht und dadurch jemand zu Schaden kommt. Verletzt sich ein Vereinsmitglied durch eigenes Verschulden, haftet der Verein nicht. Spornberger beruhigt aber: „Unsere Verträge decken eigentlich alle Fälle ab.“ Denn auch wenn der Verein alles korrekt macht: Eine Anzeige ist schnell gemacht, und auch bei einem Freispruch vor Gericht bleibt man meist auf den Anwaltsspesen sitzen. Spornberger empfiehlt eine Rechtsschutzversicherung.

Vereine haben Zukunft

Trotz aller Schwierigkeiten haben Vereine ihre Anziehungskraft nicht verloren. „Bei den Südtiroler Vereinen herrscht ein hohes Niveau“, sagt Schenk. „Auch junge Menschen wollen sehr wohl mitmachen, aber man muss sie richtig ansprechen. Und sie für ihre Ideen und Visionen arbeiten lassen.“ Die Raiffeisenkassen fördern und unterstützen Vereine im ganzen Land: mit kostengünstigen Vereinskonten, mit Sponsorengeldern, bei Anschaffungen, Veranstaltungen und der Nutzung von Räumlichkeiten, mit maßgeschneiderten Versicherungsangeboten oder auch mit Instrumenten wie der VereinsCloud von Raiffeisen OnLine (siehe dazu Bericht auf Seite 18). „Jede Raiffeisenkasse hat da ihr eigenes Angebot“, sagt Schenk. Doch bei aller Unterstützung gilt: Ein Verein ist immer nur so stark wie seine ­Mitglieder.

 

Mehr auf: www.raiffeisen.it/verein

Naturexperten, Fotografen und Naturinteressierte aus anderen Berufsschichten
engagieren sich im Verein Naturtreff Eisvogel.
Naturtreff Raiffeisen-Naturtreff EisvogelEisvogel

„Freizeit sinnvoll für Mensch und ­Natur einsetzen“

Der Verein Naturtreff Eisvogel macht auf die Vielfalt und Schönheit unserer Kulturlandschaft aufmerksam.
Präsident Klaus Graber gibt Einblick.

Herr Graber, wie entstand der Verein Naturtreff Eisvogel?
Klaus Graber: Am Anfang stand eine Gruppe Natur­interessierter und Fotografen, die in den Auen rund um Bruneck Vögel beobachteten. Wir organisierten eine Fotoausstellung für die Bevölkerung, um zu zeigen, was wir an der Natur haben. Dann wurde die Gruppe größer und die Aktionen mehr, und es kam zur offiziellen Gründung des Vereins.

Was macht der Verein?
Klaus Graber: Wir wollen Menschen für die Natur ­sensibilisieren, gemäß unserem Motto „Natur erleben, begreifen und bewahren“. 2015 organisierten wir 64 öffentliche Veranstaltungen, alles zu 100 % ehrenamtlich. Zudem wurde unser Film „Auenlandschaften in Südtirol“ im gesamten deutschsprachigen Raum übers Fernsehen ausgestrahlt. Wir arbeiten aber auch mit Gemeinden und Ämtern an Verbesserungsmaßnahmen für mehr Vielfalt in unserer Kulturlandschaft mit.

Wer führt den Verein und woher kommen seine Mitglieder?
Klaus Graber: Neben dem Vorstand gibt es einen aktiven Kern aus 40 bis 50 Personen. Darunter viele Naturexperten, Fotografen und Naturinteressierte. Wichtig ist uns eine gute Mischung zwischen Jung und Alt und möglichst vielen Vertreter aus unterschiedlichen Berufsgruppen. Unsere Mitglieder kommen größtenteils vom Land und nicht aus den Städten.

Was bereitet Ihnen beim Verein am meisten Freude?
Klaus Graber: Meine Freude ist es, in einer tollen Gemeinschaft meine Freizeit sinnvoll für Mensch und Natur einzusetzen. Wir motivieren Menschen, aktiv für den Naturschutz einzutreten, denn nicht alles ist so selbstverständlich.

Und was gibt es Schöneres als glückliche Menschen in einer intakten Natur?

Zur Person

Klaus Graber ist Gründungsmitglied und Präsident des Vereins Naturtreff Eisvogel und in vielen weiteren Vereinen und Organisationen tätig.
Er arbeitet für die Volkshochschule Südtirol und koordiniert freiberuflich mehrere Projekte im In- und Ausland.