Ausgabe 03/20 -

Alles anders oder alles wie gehabt

Wie schlimm ist es, wenn man gerne arbeiten würde und nicht kann, wenn man Produkte nachfragt, sie aber nicht bekommt?

Foto: Helmuth Rier

Die Plan­wirtschaft sowjetischer Prägung litt lange Zeit unter einem Liefer­mangel, während die westliche Marktwirtschaft eher ein gegenteiliges Problem hatte. Mit ständigen Innovationen wurden Konsumenten zu noch mehr Konsum animiert. Für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen schien es – dank Globalisierung und internationalem Wissenstransfer – keine Hindernisse zu geben. Auch die Ressourcen schienen unendlich. Nun ist plötzlich alles anders. Die Nachfrage nach vielen Produkten und Dienstleistungen ist aufgrund weltweiter Ausgangssperren weggebrochen, deren Herstellung aufgrund unterbrochener Lieferketten und vieler Werkschließungen erschwert, mancherorts gar unmöglich.

Infolge steht nun wohl die tiefste Rezession seit 100 Jahren bevor, mit vielen Arbeitslosen und der Sorge vor mehr Hunger in der Welt. Was hat das alles mit den Finanzmärkten zu tun? Man ist versucht zu sagen: nichts. Finanzmärkte leben von Liquidität und Erwartungen. Liquidität würde in der vorher­sehbaren Wirtschaftskrise sicher abnehmen, wären da nicht die Zentralbanken mit ihrer unendlichen Feuerkraft, die alles daransetzen, die Kurse zu stützen. Erwartungen hingegen leben vom Zweckoptimismus der Groß­investoren, die sich ihr Geschäftsmodell durch eine Rezession nicht kaputt machen lassen. Kann sich aber ein Finanzmarkt auf lange Sicht wirklich von der Realwirtschaft abkoppeln? Dass dies möglich ist, haben wir seit 1999 schon viermal erlebt. Einbrüche nach Übertreibungen waren nie von langer Dauer. Solange Zentralbanken helfen, wird es auch dieses Mal nicht anders sein.