Ausgabe 06/15 -

„Ich wollte immer ein gutes Beispiel geben“

Ludwig Platter ging Ende September in Pension. 35 Jahre lang repräsentierte er als Geschäftsführer der Raiffeisenkasse Laas die Bodenständigkeit der Genossenschaftsbank. Ein Gespräch über seine Zeit als Banker und was er jetzt im Ruhestand machen will.

Herr Platter, nach fast vier Jahrzehnten in der Raiffeisenkasse Laas sind Sie in den Ruhestand getreten.

Hand aufs Herz, mit einem lachenden oder weinenden Auge?
Ludwig Platter: Ich bin mit dem berühmten lachenden und weinenden Auge gegangen. Nach 38 Jahren in der Raiffeisenkasse freue ich mich auf einen neuen Lebensabschnitt und auf private Dinge, die aus Zeitgründen liegen geblieben sind. Den Kontakt mit Kunden, Mitarbeitern und meinen Freunden in der Raiffeisenorganisation werde ich sicher vermissen.


Erinnern Sie sich noch an Ihre Anfänge in der Raiffeisen-Welt?
Ludwig Platter: Ja, sehr gut. Am 12. Mai 1975 trat ich unmittelbar nach meinem Militärdienst meinen ersten Arbeitstag in der Raiffeisenkasse Bozen an. Zu Beginn musste ich Botengänge erledigen, aber bald wurde ich mit der EDV-­Umstellung betraut. Ich kann also redlich behaupten, das Bankgeschäft von der Pike auf gelernt zu haben. 1977 trat ich dann in die ­Raiffeisenkasse Laas ein.

Was kennzeichnet das Bankgeschäft von damals?
Ludwig Platter: Das Bankgeschäft war einfach. Einlagen wurden gesammelt, Kredite wurden vergeben. Belege wurden mit der Schreibmaschine oder händisch mit Pauspapier geschrieben, es gab Lochkarten, die monatlich zur Auswertung ins Rechenzentrum nach Bozen gebracht wurden, Sparbücher und Kontokorrent-­Vormerkbücher wurden händisch geführt – alles Dinge, die man sich heute kaum vorstellen kann. Anno dazumal gab es auch keine Transparenz-, Geldwäsche- oder Datenschutzbestimmungen. Die geltenden Regeln waren einfach und längerfristig gültig als heute.

Herr Platter, welche Bilanz ziehen Sie?
Ludwig Platter: Meine Bilanz fällt durchaus positiv aus. Die Raiffeisenkasse Laas wurde – nach ihrer Liquidation im Jahr 1941 – 1959 neu gegründet und hat am 1. Juli 1960 ihre Tätigkeit aufgenommen. Sie verfügt heute über eine Bilanzsumme von 120 Mio. Euro und ein Eigenkapital von 23 Mio. Euro.
Sie beschäftigt 15 Mitarbeiter und ist im Besitz von zwei Gebäuden. In der Oktober-Ausgabe 2012 der Fachzeitschrift „Banca Finanza“ wurde sie als drittsolideste Bank Italiens gereiht.

Was waren die größten Meilensteine Ihrer Amtszeit?
Ludwig Platter: Das waren der Bezug des neuen Gebäudes 1981 und der Ankauf des Gast­hauses Alpenblick in Eyrs und dessen Umbau zur Filiale. Auch die EDV-mäßigen Umstellungen und die Euro-Einführung 2002 waren Heraus-forderungen, die wir gut gemeistert haben.

Fast vierzig Jahre stand er an der Spitze der Raiffeisenkasse Laas.
Jetzt freut sich Ludwig Platter auf den wohlverdienten Ruhestand.
Raiffeisen-Interview-Ludwig-Platter2

Man sagt, Sie sind ein Genossenschafter aus Überzeugung und mit Leidenschaft …
Ludwig Platter: Ja, das stimmt. Ich habe den Genossenschaftsgedanken mit der Muttermilch aufgesogen, denn mein Vater war 1959 Gründungs­geschäftsführer der Raiffeisenkasse Laas. Von klein auf war ich ein begeisterter ­Verfechter der Genossenschaftsidee „Was einer alleine nicht schafft, das schaffen viele.“ Das beste Beispiel ist die Gemeinde Laas, in der sehr viel genossen­schaftlich organisiert ist, beispiels­weise die Konsumgenossenschaft, der Verband der ­Vinschgauer Produzenten für Obst und ­Gemüse OVEG, das Fernheizwerk LEEG u. a. m.


Eine Raiffeisenkasse tut viel für die Dorfgemeinschaft.
Auf was sind Sie besonders stolz?
Ludwig Platter: Der Bereich „Sponsoring und Spenden“ ist ein delikater. Mein Anspruch war es, gerecht zu sein und konsequent vorzugehen, aber es war schwer, es allen recht zu machen. Wir haben lokale Vereine und viele Initiativen unterstützt. Ich denke beispielsweise an das Stiften der Glocke in der Pfarrkirche Eyrs und an die kostenintensive Sanierung der Sies-Orgel in der Pfarrkirche zum heiligen Johannes dem Täufer.

 

Stolz bin ich auf eine Spendenaktion mit der Caritas der Diözese Bozen Brixen, bei der wir gemeinsam mit anderen Raiffeisen­kassen die Errichtung eines Getreidespeichers in ­Äthiopien auf den Weg gebracht haben. Stolz bin ich auch auf den Laaser Raiffeisenkalender, den wir seit über 30 Jahre herausgeben.

Führen heißt Verantwortung zu tragen…
Ludwig Platter: Ich wollte immer ein gutes Beispiel geben. Ich war bemüht, gradlinig und korrekt zu sein, sowohl gegenüber den Kunden als auch gegenüber den Mitarbeitern. Die Verantwortung habe ich immer selbst getragen und nicht auf andere abgewälzt. Schön war für mich, dass ich unseren Kunden manches Mal über das Bankgeschäft hinaus behilflich sein konnte.

Was wünschen Sie der Raiffeisenkasse Laas für die Zukunft?
Ludwig Platter: Ich wünsche ihr als Dienstleister – mit dem neuen Direktor Josef Ruffa an der Spitze – in erster Linie weiterhin Selbstständigkeit, Stabilität und Kundennähe. Was die Reform der Genossenschaftsbanken anbelangt, wünsche ich mir eine autonome Raiffeisen-Bankengruppe auf Landesebene, weil dafür alle Voraussetzungen gegeben sind. Ich hoffe, dass der Fortbestand der kleinen Raiffeisenkassen gewährleistet bleibt.

Was haben Sie in Ihrem Ruhestand vor? Oder müsste es Un-Ruhestand heißen?
Ludwig Platter: Ich freue mich, jetzt wieder mehr Zeit für Familie und Enkelkinder zu ­haben. Es gibt einiges an Haus und Garten zu tun, und ich werde stärker meinen Hobbys wie der Jagd, dem Reisen und der Musik nachgehen. Als passionierter Sommelier habe ich auch ­wieder mehr Zeit für edle Tropfen und Genuss. Ich muss jetzt nicht mehr pünktlich um acht Uhr morgens mit Krawatte im Büro erscheinen – das fühlt sich gut an.

Zur Person

Ludwig Platter, geboren 1953 in Laas, besuchte das klassische Gymnasium „Johanneum“ in Dorf Tirol und maturierte 1972 in Meran. Anschließend nahm er das Studium der Rechtswissenschaften in Padua auf.

1975 kam er zur Raiffeisenkasse Bozen, wo er bis Jänner 1977 tätig war. Noch im gleichen Jahr trat er in die Raiffeisenkasse Laas ein, die bis Oktober 2015 sein berufliches Zuhause blieb und wo er 35 Jahre die Funktion des Direktors innehatte.
Mit 30. September 2015 trat er in den Ruhestand. Ludwig Platter ist verheiratet und Vater von drei erwachsenen Kindern.

 


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