Ausgabe 02/16 -

„Auch im Bankgeschäft braucht es Mut, neue, innovative Wege zu gehen.“

Er ist jung und entspricht nicht dem Klischee des typischen Bankers. Eigentlich ist Tobias Weger Student, der seine Freizeit gerne mit Judosport verbringt. Aber weil er mitgestalten will, bringt er sich als Verwaltungsrat in die Geschicke der Raiffeisenkasse Eisacktal ein. Neugierig und engagiert ist er hier in seinem Element.

Herr Weger, Sie sind mit 25 Jahren das jüngste Verwaltungsratsmitglied einer Südtiroler ­Raiffeisenkasse. Wie kamen Sie dazu?
Tobias Weger: Ich bin schon seit ­mehreren ­Jahren Mitglied des Jugendbeirates der Raiffeisen­kasse Eisacktal. Hier erarbeiten Jugendberater gemeinsam mit Jugendvertretern Vorschläge, um die Interessen junger Menschen im Produkt- und Veranstaltungsangebot der Bank verstärkt zu berücksichtigen. Dadurch reifte bei mir der Wunsch, die Interessen der Jugendlichen direkt in einem Entscheidungs­gremium zu vertreten. Ich habe mich immer schon dafür interessiert, was im Ort passiert, und übernehme gerne Verantwortung. So habe ich mich 2015 bei der Vollversammlung der Wahl gestellt und wurde in das Amt des ­Verwaltungsrates gewählt.

Hand aufs Herz, haben Sie sich die Frage gestellt, ob Sie dieser Herausforderung gewachsen sind?
Tobias Weger: Natürlich stellt man sich die Frage, was auf einen zukommt. Ich glaube, durch meine schulische und universitäre Ausbildung und mein spezielles Interesse für das Finanzwesen recht gute Voraussetzungen für dieses Amt zu besitzen. Wichtig sind auch Weitblick und Diskretion. Gleich zu Beginn habe ich den Basiskurs für Verwaltungsräte besucht, meinen fachlichen Rucksack packe ich mit jährlicher Fortbildung.

Welche Aufgaben hat der Verwaltungsrat und wie funktioniert die Zusammenarbeit?
Tobias Weger: Der Verwaltungsrat legt die strategische Geschäftspolitik der Raiffeisen­kasse fest. Er entscheidet über die Kreditvergabe für wichtige Projekte im Tätigkeitsgebiet und die Aufnahme neuer Mitglieder. Er vertritt die Bank in wichtigen Belangen nach außen. Die Zusammen­arbeit im Gremium funktioniert bei uns sehr gut, jeder bringt sich engagiert ein – wir diskutieren und entscheiden auf Augenhöhe.


Worin liegt Ihrer Meinung nach die Stärke der Marke Raiffeisen?
Tobias Weger: Die Eckpfeiler und Stärken von Raiffeisen liegen in der lokalen Verwurzelung und Erreichbarkeit, dem bedarfsorientierten Vertrieb von Bankprodukten und der persönlichen Beziehung zwischen Kunde und Berater. Diese Mehrwerte sorgen dafür, dass wir mit unseren Mitbewerbern nicht leicht austauschbar sind. Vertrauen ist dabei das Wichtigste. Vor kurzem hatte ich die Gelegenheit, eine große italienische Bank zu betreten. Kunden mussten wie an der Brot- und Wursttheke im Supermarkt Nummern ziehen, und ich hatte den Eindruck, dass die Kunden auch als solche behandelt werden, weil niemand die Kunden persönlich kennt. Eine ziemlich „sterile“ Angelegenheit!

Tobias Weger:
„Als Verwaltungsrat vertrete ich die Mitglieder aus meinem Heimatort und besonders alle jungen Mitglieder der Raiffeisenkasse Eisacktal.
Es ist wichtig, die Menschen zu kennen und über das lokale Geschehen Bescheid zu wissen.“
Raiffeisen-Tobias Weger

Stichwort Vertrauen – die Banken geraten immer wieder mit Negativschlagzeilen in die Medien. Spüren Sie den Vertrauensverlust der Kunden auch in Ihrer Raiffeisenkasse?
Tobias Weger: Die Raiffeisenkasse Eisacktal ist letzthin wegen der Verhängung einer Strafe durch die italienische Wettbewerbsbehörde in die Schlagzeilen geraten, obwohl sie nicht zum Schaden ihrer Kunden gehandelt hat. Gegen das Urteil werden wir auf jeden Fall Rekurs einlegen. Ich bin mir sicher, dass uns die Kunden weiterhin ihr Vertrauen schenken und sich bei der Raiffeisenkasse gut aufgehoben fühlen.

Letzthin hat die Verbraucherzentrale Südtirol gefordert, dass künftig in jedem Verwaltungsrat einer Südtiroler Bank ein Konsumentenvertreter sitzen soll, um die Interessen der Konsumenten und Sparer besser zu wahren …
Tobias Weger: Diese Forderung ist bei uns doch schon umgesetzt! Die Struktur der Genossenschaft und damit der Raiffeisenkassen sorgt dafür, dass jedes Mitglied eine Stimme mit gleichem Wert hat. Unsere Mitglieder kommen aus den unterschiedlichsten Berufs- und Gesellschaftsbereichen, sind unterschiedlich alt, sind Männer und Frauen. Die Art der Zusammensetzung der Gremien spiegelt die Bevölkerung wider und garantiert damit auch die Wahrung ihrer Interessen.

Im April stehen bei den Raiffeisenkassen
wieder Vollversammlungen an. Warum sollte jemand Mitglied bei der Raiffeisenkasse Eisacktal werden?
Tobias Weger: Menschen haben das Bedürfnis, sich aktiv einzubringen und mitzuentscheiden. Da tun sich beim Geschäftsmodell Genossenschaftsbank viele Türen auf. Durch die Mitgliedschaft erhält man ein Stimmrecht und kann auf die Geschehnisse in der Bank Einfluss nehmen. ­Neben den monetären Vorteilen erhalten Mitglieder bei uns auch Freikarten und Begünstigungen für Veranstaltungen und interessante Vorträge.


Wie viele junge Mitglieder hat die ­Raiffeisenkasse Eisacktal überhaupt?
Tobias Weger: Die Raiffeisenkasse hat rund 200 Mitglieder im Alter von 18 bis 26 Jahren, zudem vier junge Unternehmen. Bei ­insgesamt 3.500 Mitgliedern ist da noch Luft nach oben. Wir sprechen junge Kunden aktiv auf die ­Mitgliedschaft an, andere kommen von selbst auf uns zu. Junge Leute sind heute sehr mobil und ziehen berufs- oder studienbedingt oft weg. Ich finde es wichtig, den Kontakt zu halten und sie durch ein gutes Beratungs- und Produktangebot und moderne Kommunikations- und Vertriebs­kanäle zu überzeugen.

Vor welchen Herausforderungen stehen die Raiffeisenkassen,

im Besonderen die ­Raiffeisenkasse Eisacktal?
Tobias Weger: Die Liste ist lang (lacht). Zum einen sind es die wirtschaftlichen Rahmen­bedingungen mit dem niedrigen Zinsumfeld, die Flut an Regulierungen und die zu leistenden Interventionszahlungen an marode Banken, die mein „Bankherz“ bluten lassen. Auch die Reform der Genossenschaftsbanken steht an, bei der ich hoffe, dass die Südtiroler Raiffeisenkassen mit einer eigenen Bankengruppe die Identität der Marke Raiffeisen Südtirol schützen und sichern können. Bei der Raiffeisenkasse Eisacktal steht mit der „Filiale der Zukunft“ eine neue Herausforderung ins Haus: Ab Mai wird es neben den acht Standortfilialen eine neunte, und zwar eine „virtuelle Filiale“ geben. Durch diese Neuausrichtung möchten wir die Abläufe im Bankbetrieb optimieren und noch mehr Qualität in

die Beratung bringen. Ich bin zuversichtlich, dass die Kunden diesen neuen Zusatzkanal positiv aufnehmen werden. Denn auch im Bankgeschäft braucht es Mut, neue, innovative Wege zu gehen.

Zur Person

Tobias Weger, Jahrgang 1990 und gebürtiger Rodenecker, studiert Wirtschaftswissenschaften in Bozen. In seiner Freizeit engagiert er sich in seinem Heimatort Rodeneck im Gemeinderat und ist Vize-Sektionsleiter des Judovereins. Seit dem 24. April 2015 ist er Mitglied des Verwaltungsrates der Raiffeisenkasse Eisacktal.